Bessere Hilfen für Terroropfer gefordert

Im Krisenfall schnell reagieren

Wenige Tage vor dem Jahrestag des Terroranschlags auf dem Berliner Weihnachtsmarkt bemüht sich die Politik, ein Zeichen zu setzen und Hinterbliebenen unbürokratischer zu helfen - allen voran der Opferbeauftragte der Bundesregierung.

Autor/in:
Birgit Wilke
Trauer in Berlin / © Markus Nowak (KNA)
Trauer in Berlin / © Markus Nowak ( KNA )

Menschen, die nach dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im vergangenen Dezember verzweifelt versuchten, Informationen über ihre Angehörige zu bekommen. Touristen, die tagelang alleine Krankenhäuser der Hauptstadt abklapperten, um dort Freunde oder Angehörige zu finden. Und dann die renommierte Berliner Klinik Charite, deren rechtsmedizinische Abteilung Rechnungen für die Untersuchung der Toten an Angehörige verschickte.

Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Kurt Beck, bekam all dies in Gesprächen mit Betroffenen und Hinterbliebenen zu hören. In seinem vorgelegten Abschlussbericht bekräftigt er, dass sich solche Ereignisse wie nach dem Anschlag am 19. Dezember, durch den zwölf Menschen den Tod fanden, nicht wiederholen dürften. Er macht sich dafür stark, in ähnlichen Fällen eine zentrale Anlaufstelle einzurichten, die sich dann um diese Menschen kümmert.

Entschädigungen erhöhen

Außerdem plädiert Beck dafür, die Entschädigungen für Opfer und Hinterbliebene "deutlich" zu erhöhen. Mit 10.000 Euro sei die Soforthilfe für die Hinterbliebenen zu niedrig, so der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Ein internationaler Vergleich zeige, dass die Entschädigung in anderen Ländern teilweise deutlich höher ausfalle.

Ausdrücklich mahnt Beck, alle Hinterbliebenen unabhängig von der Nationalität gleich zu behandeln. Nach bisherigem Recht könnten Ausländer, die nicht aus EU-Staaten kommen und sich weniger als drei Jahre in Deutschland aufhalten, schlechter behandelt werden.

Künftig sollten materielle Schäden unabhängig davon ersetzt werden, ob die Tat mit einem Fahrzeug begangen wurde, führte Beck weiter aus. Die Opfer vom Breitscheidplatz wurden den Angaben zufolge unter anderem aus dem Verkehrshilfefonds der deutschen Versicherungswirtschaft unterstützt, weil der Attentäter den Anschlag mit einem Lastwagen verübt hatte.

Außerdem empfiehlt Beck Bund und Ländern, Opferbeauftragte zu benennen, die im Krisenfall schnell reagieren können, und alle Anträge auf Leistungen von einer zentralen Stelle abzuwickeln. Die Bundesregierung signalisierte bereits, diese und weitere Forderungen zu prüfen. In einem gemeinsamen Antrag von Union, SPD, FDP und den Grünen sprechen sich die Fraktionen ebenfalls für die von Beck vorgeschlagenen Verbesserungen aus.

Justizminister Heiko Maas (SPD) warb dafür, Becks Vorschläge zügig umzusetzen. "Die Bundesregierung darf die Verletzten und Hinterbliebenen eines Anschlags nicht alleine lassen", sagte Maas. Bis Ende November sind laut seinem Ministerium 1,6 Millionen Euro aus dem Härtefallfonds an Opfer und Hinterbliebene ausgezahlt worden. Insgesamt seien bis zum 21. November 132 Anträge eingegangen und beschieden worden. Der ursprünglich mit 700.000 Euro ausgestattete Fonds wurde zudem um etwa 1,3 Millionen Euro aufgestockt.

Betroffenen mit offenem Brief

Die Betroffenen selbst hatten in einem offenen Brief vor rund zwei Wochen auch Kritik an der Bundesregierung geübt und eine fehlende Unterstützung bemängelt. Auf einem bereits zuvor anvisierten Treffen will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nun am kommenden Montag auch darüber mit ihnen sprechen.

Zum ersten Jahrestag sind zudem Gedenkveranstaltungen geplant: So soll ein Mahnmal eingeweiht werden: ein etwa drei Zentimeter breiter goldfarbenen Riss, der sich in einer Länge von insgesamt 14 Metern über den Breitscheidplatz zieht. Zudem sollen die Namen der Toten und ihre Herkunftsländer auf der Vorderseite der Stufen zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche angebracht werden.

In der Kirche findet auch ein Gedenkgottesdienst statt, an dem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnehmen wird. Und: Der Weihnachtsmarkt, der in diesem Jahr wieder dort stattfindet, soll an diesem Tag nicht in Betrieb sein. Statt Lichterketten können die, die um die Opfer trauern, Kerzen entzünden und sich zu einem Friedensgebet treffen.


Quelle:
KNA