Osterbotschaft von Ruhrbischof Overbeck

"Bescheiden, menschennah, mutig"

Angesichts des massiven Glaubwürdigkeitsverlustes der Kirche ruft der Essener Bischof an den Kar- und Ostertagen zu Demut und Aufrichtigkeit auf. In seinen Ansprachen an den Kartagen plädierte er für eine glaubwürdige Kirche.

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck appellierte an die katholischen Wortführer, sich in Demut zu üben, anstatt Recht haben zu wollen und Sicherheit zu beanspruchen über das, was man von Gott zu wissen meine. Die Botschaft des Evangeliums selbst sei in Gefahr, weil die Kirche derzeit nicht als glaubwürdig wahrgenommen und der christliche Glaube nicht mehr für plausibel gehalten werde, warnte Overbeck in seinen Ansprachen während der Kar- und Ostertage.

Die öffentliche Sprache sei giftig und verstörend, oft widersprüchlich und dadurch wenig glaubwürdig. Viele Menschen glaubten der Kirche nicht mehr, im Missbrauchsskandal redlich um Entschuldigung bitten und Konsequenzen ziehen zu wollen. "Diese Perspektiven beschäftigen mich angesichts der öffentlichen Meinung der vergangenen Wochen und Monate, angesichts der oft hilflos daherkommenden Gutachten, die zwar manche Schuld und Verantwortungsbezüge aufweisen können, aber doch mehr als unvollständig sind und hohl zu werden drohen, wenn nicht alle systemischen Zusammenhänge und die moralische Verantwortung, die damit einhergeht, benannt werden", so Overbeck. 

Eine glaubwürdige Kirche und einen plausiblen Glauben bezeugen

Der künftige Weg der Kirche müsse „nüchtern, aber bescheiden, menschennah und mutig“ gegangen werden, sagt der Ruhrbischof. Dafür brauche es aufrichtige Menschen, die eine glaubwürdige Kirche und einen plausiblen Glauben bezeugten, eine lebendige Einstellung zur plural orientierten, globalen Umwelt pflegten, und die das Evangelium auch den Menschen zugänglich machten, die die christliche Tradition nicht kennen. "Es geht einzig und allein um das lebendige ‚Gedächtnis‘, nicht um den Staub der Erinnerung an Gewesenes", sagt Overbeck. Gerade in der Corona-Pandemie sei spürbar, wie wichtig die Solidarität aller Menschen sei: "Leben auf dieser Welt geht nur zusammen – nicht jeder für sich allein."

Die "grauenhaften Missbrauchstaten an oft so jungen Menschen" ständen im Gegensatz zum Knien des Priesters vor anderen, wofür Fußwaschung und Eucharistie am Gründonnerstag ständen. Und – so der Ruhrbischof: "Gottes Schweigen in der Stille und Leere am Karsamstag übertönt unsere falsche Gewissheit darüber, was und wen er segnet und wen nicht, wo doch Solidarität mit allen angesagt ist, die seines Segens bedürfen."

Trotz der irritierten, entsetzten, distanzierten Reaktionen vieler heutiger Christen angesichts der Skandale der letzten Monate rund um die katholische Kirche vertraut Overbeck auf die österliche Botschaft "in unserer Wirklichkeit, wo die Kirche Zeichen der Liebe und Zuneigung setzt, wo Glaubende Segen schenken und Liebende treu beieinander sind."

"Wir erleben lebendigen Glauben im Alltag, der zwar gebrochen ist, aber sehnsüchtig nach Vollendung"

Heute lösten Kirche und Glaube oft Furcht und Flucht aus, sagt Overbeck. Das zeigten die Skandale der vergangenen Wochen und die Verweigerung vieler Akteure der Kirche, das Leben in seiner Pluralität anzunehmen. Jedoch zeige das Osterfest auch "eine Fülle von Leben; wir erleben lebendigen Glauben im Alltag, der zwar gebrochen ist, aber sehnsüchtig nach Vollendung", so Overbeck: "Hier erfahren wir das Leben, das wir am Anfang so hoch schätzen wie am Ende. Hier erleben wir leidenschaftlich die Liebe, so bunt, zerbrechlich, gebrochen, aber immer auch sehnsüchtig."


Bischof Overbeck im Portrait (DR)
Bischof Overbeck im Portrait / ( DR )
Quelle: