Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit zum Papstbesuch

"Friedliche Proteste gehören dazu"

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit freut sich auf den Papstbesuch. Die Visite sei "ein wichtiges Signal für die Hauptstadt. Zugleich verteidigte er die geplanten Proteste. Er wünsche sich sehr eine Debatte über die Moralvorstellungen der katholischen Kirche, der er selbst angehört.

 (DR)

KNA: Herr Wowereit, im September kommt Papst Benedikt XVI. nach Berlin. Was bedeutet das für die Stadt und für Sie als katholischer Regierender Bürgermeister?

Wowereit: Zuallererst ist es natürlich ein Staatsbesuch. Der Papst kommt offiziell nach Deutschland und wird dementsprechend mit all den vorgesehenen Ehren empfangen. Als Oberhaupt der katholischen Kirche wird die Visite natürlich auch einen sehr stark kirchlichen Charakter haben. Es gab ja bereits in den vergangenen Wochen Diskussion über den Standort des Gottesdienstes, der jetzt im Olympiastadion stattfinden soll. Ich selbst freue mich natürlich auch darüber, dass der Papst Berlin besucht. Das ist auch ein wichtiges Signal für die Hauptstadt.



KNA: Werden Sie den Papst persönlich treffen?

Wowereit: Ich gehe davon aus. Er wird sich wahrscheinlich in das Goldene Buch der Stadt eintragen. Wo er das tun wird, steht noch nicht fest und hängt vom genauen Programmablauf ab. Vielleicht wird es da ja auch einen zeitlichen Zusammenhang zum Gottesdienst im Olympiastadion geben.



KNA: Papstgegner planen verschiedene Aktionen während der Visite. Wie stehen Sie dazu - immerhin flogen beim Besuch von Papst Johannes Paul II. 1996 auch Farbeier?

Wowereit: Berlin ist eine lebendige Stadt, da gehören auch solche Proteste dazu. Ich bin mir sicher, dass das auch die katholische Kirche so sieht. Wichtig ist, dass die Grenze von friedlichem Protest zu Störungen nicht überschritten wird. Natürlich hoffe ich, dass keine Farbeier fliegen.



KNA: Bei den geplanten Demonstrationen wollen auch verschiedene Lesben- und Schwulenverbände auf die Haltung der katholischen Kirche zum Thema Homosexualität aufmerksam machen. Wie stehen Sie dazu, auch als erster Spitzenpolitiker, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte?

Wowereit: Überall setzen sich Menschen kritisch mit der Haltung der katholischen Kirche zu einigen gesellschaftlich wichtigen Fragen auseinander, etwa dem Thema Umgang mit Homosexualität oder Verhütungsfragen. Ich finde es richtig, das auch in Berlin anzusprechen und darüber zu diskutieren, ob Moralvorstellungen, wie sie die katholische Kirche vertritt, noch zeitgemäß sind. Vielleicht findet im Vorfeld des Papstbesuches auch eine solche Debatte statt. Ich würde es mir jedenfalls sehr wünschen.



KNA: Erwarten Sie, dass sich der Papst in Berlin auch dazu äußern wird?

Wowereit: Das wird er selbst entscheiden müssen. Ich rechne eher damit, dass er es nicht tut.



Das Gespräch führte Birgit Wilke.