Berliner Erzbischof reist zum Karneval in alte Heimat

"Durch Frohsinn Grenzen überwinden"

Wie feiert man Karneval in der närrischen Diaspora? Der Berliner Erzbischof Heiner Koch gibt im DOMRADIO.DE-Interview Antworten und verrät, wie er sich dieses Jahr verkleidet.

Erzbischof und Karnevalsjeck Heiner Koch / © Markus Kremser (KNA)
Erzbischof und Karnevalsjeck Heiner Koch / © Markus Kremser ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie begehen Sie denn die Karnevalstage im sogenannten "karnevalistischen Niemandsland"? 

Erzbischof Heiner Koch ("Regimentsbischof" der Ehrengarde Köln): Ganz so ist es nicht. Wir haben erstens einen guten Pfarrkarneval, der hat ein hohes Niveau und nicht selten ist er durch die Rheinländer oder die Zugezogenen geprägt. Das Zweite ist: An Altweiberfastnacht gibt es hier eine ganze Reihe von Veranstaltungen, zu denen ich oft in der ständigen Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen eingeladen werde. In verschiedenen kölschen Gaststätten wird dann auch mit einem guten Programm wirklich ordentlich gefeiert.

Doch dieses Jahr gibt es um den Karneval zwei Diskussionen, die wirklich gravierend sind: Das eine ist karnevalsintern. Der Rosenmontagszug muss aus Kostengründen ausfallen. Die Karnevalisten bekommen nicht einen Cent Zuschuss. Wegen höherer Kosten, etwa wegen der Sicherheitsvorkehrungen ist das für sie nicht mehr zu stemmen; jetzt sind es 160.000 Euro. Also fällt der Zug aus. Währenddessen wird aber der Karneval der Kulturen, eine politische Veranstaltung im Sommer, stark vom Senat unterstützt. Dagegen formiert sich nun Protest.

Das zweite Thema hat indirekt etwas mit Karneval zu tun: Es geht um die Frage der Satire. Ich habe an einer Diskussion mit muslimischen Vertretern teilgenommen, die uns vorwerfen, dass wir ihnen gerade über Satire Gewalt antun würden. Sie wundern sich, wie wenig es thematisiert wird, dass auch Satire eine Gewalt ist, die sie in ihrem Gottesverhältnis, in ihrem Gebet, in ihrer Spiritualität verletzt. Das ist momentan eine heiße Diskussion, die hat nicht direkt etwas mit Karneval zu tun, aber doch mit der Frage nach Lachen, Auslachen, Leben lassen und Freude.

DOMRADIO.DE: Wie groß ist denn der Drang gerade an Karneval in die alte Heimat nach Köln zurück zu fahren?

Erzbischof Koch: Der ist schon groß. Ich bin ja Regimentsbischof der Prinzengarde Köln und ich war dort schon zu einer Sitzung und im November zum Gottesdienst der Prinzengarde. Dieses Mal werde ich am Karnevalssonntag in Köln zu einer Sitzung der Großen Allgemeinen gehen und am Montag werde ich  auch auf dem Rosenmontagszug mitfahren. Daher bin ich sehr froh und dankbar. Das ist ein Wiedersehen mit vielen und das bedeutet auch zwei, drei Tage aufatmen in kölscher, rheinischer Mentalität. Das tut gut.

DOMRADIO.DE: Der Karneval ist vor allem in den Pfarrgemeinden in Berlin vertreten, wie sie erwähnten. Wie unterscheidet der sich denn von dem Kölner "Original"?

Erzbischof Koch: Das ist vor allen Dingen in einem Punkt ähnlich. Aus Spaß an der Freude engagieren sich dort Ehrenamtliche mit einer Vorbereitung oft wochenlag. Sie gestalten die Bühne, die Kostüme und stellen ein Programm zusammen. Es ist nicht zu übersehen, dass da viele bei sind, die den Karneval mit der Muttermilch aufgesogen haben.

DOMRADIO.DE: Ist der Pfarrkarneval denn weit verbreitet?

Erzbischof Koch: Dieser Pfarrkarneval ist schon recht weit verbreitet. Ich würde sagen, dass die meisten Pfarreien irgendetwas an Karneval machen – manchmal seltsam beäugt von den Urberlinern, aber immer öfter auch Zustimmung gewinnend.

DOMRADIO.DE: Wie verkleidet man sich als Erzbischof an Karneval?

Erzbischof Koch: Wenn ich in die Sitzungen gehe, versuche ich einen kleinen Anklang an das Thema der jeweiligen Sitzung hier zu haben. Das Thema ist dieses Mal "durch Frohsinn Grenzen überwinden", das ist natürlich auch ein bisschen politisch gemeint. Ich versuche so eine Mischung, in dem ich mich unterschiedlich kleide, aber ich habe sicherlich nichts Frommes an. Ich habe eine Uniform auf der einen Seite und eine Clownshose auf der anderen Seite an – also grenzüberschreitend.

Das Gespräch führte Christoph Paul Hartmann.


Quelle:
DR