Berliner Ausstellung zeigt Werke Emil Noldes

Unter dem Vorwurf der Gotteslästerung

Der deutsche Maler Emil Nolde ist einer der großen Aquarellisten in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Das Berliner Kupferstichkabinett widmet ihm nun erstmals eine monografische Ausstellung. Eine Ausstellung auch über die Sehnsucht Spiritualität eines keineswegs bibeltreuen Kirchgängers.

Autor/in:
Inge Pett
 (DR)

Mit 110 Aquarellen, Radierungen, Lithographien und Holzschnitten verfügt das Berliner Kupferstichkabinett über eine der umfangreichsten Sammlungen von Werken Emil Noldes (1867-1956). Unter dem Titel "Mensch - Natur - Mythos" widmet das Museum dem expressionistischen Künstler nun erstmals eine monografische Ausstellung.

"Die Menschen sind meine Bilder", sagte Nolde. Und so sind es unzählige Gesichter - einer Spanierin, eines Italieners, einer Schauspielerin, einer Frau namens Johanna oder verschiedener Südseeinsulaner, die dem Besucher von den Wänden entgegenblicken. Auffällig dabei sind die von Nolde provozierten Gegensätze von warmen und kalten Farben, von Linie und Fläche. Es sei ihm stets um die Darstellung von Zweiheit gegangen, so die Ausstellungs-Kuratorin Anita Beloubek-Hammer.

Dem Bereich Mythos ordnet Beloubek-Hammer außer der berühmten Südseeserie von 1913/14 auch Noldes biblische Arbeiten zu. Diese entstanden überwiegend zwischen 1909 und 1912. Sein Freund Hans Fehr schilderte die Sehnsucht des Künstlers nach Spiritualität: "In seiner tiefen Gottgläubigkeit frug er immer wieder nach der Liebe und Güte Gottes und nach der Schuld der Menschen. Aus diesen schweren Bedrückungen, aus diesen zersetzenden Kümmernissen flüchtete er sich in seine großen religiösen Bilder."

"Religion über den Religionen"
Dabei war Nolde keineswegs ein bibeltreuer Kirchgänger, viele seiner ausdrucksstarken Darstellungen christlicher Motive wurden von Zeitgenossen als gotteslästerlich verworfen. Stattdessen schwebte ihm wie vielen anderen Expressionisten eine "Religion über den Religionen" vor.

Ein Highlight der Ausstellung stellt das Gemälde "Christus und die Sünderin" dar, das die Nazis 1937 als "entartet" beschlagnahmten und
1999 wieder in den Besitz der Nationalgalerie kam. Des Weiteren zählen die Farblithographie "Die heiligen drei Könige" (1913) und das Ölgemälde "Pfingsten" (1909) zu Noldes bedeutendsten religiösen Werken.

Nolde selbst nahm für sich in Anspruch, "künstlerisch frei" zu sein. "Nicht Gott vor mir haben wie einen stahlharten assyrischen Herrscher, sondern Gott in mir, heiß und heilig wie die Liebe Christi". Heute mögen die biblischen Darstellungen Noldes wohlvertraut scheinen, vor knapp einhundert Jahren kamen sie weit über den Kontext der christlichen Kunst hinaus einer Revolution gleich.

Hinweis: Die Ausstellung ist bis zum 25. Oktober dienstags, mittwochs und freitags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 22 Uhr sowie am Wochenende von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Katalog kostet 24,95 Euro.