Berlin begeht den 28. Jahrestag der Deutschen Einheit

Mahnen und feiern

Berlin war in diesem Jahr Ausrichter der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Zehntausende Menschen amüsierten sich auf dem Bürgerfest, es gab ernste Worte bei Gottesdienst und Festakt und es wurde demonstriert. Typisch Berlin eben.

Autor/in:
Markus Geiler
Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit in Berlin / © Jens Büttner (dpa)
Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit in Berlin / © Jens Büttner ( dpa )

Am Ende spielte das Wetter doch noch mit. Dabei sah es zu Beginn der Feierlichkeiten zum 28. Jahrestag der Deutschen Einheit in Berlin noch so aus, als ob der Himmel den mentalen Zustand des Landes widerspiegelt.

Dunkle Wolken hingen über der Stadt, es regnete und der Wind blies kalt um die Ecken, als sich Politik und Gesellschaft zum Auftakt der Festlichkeiten im Berliner Dom zu einem ökumenischen Gottesdienst versammelten.

Mahnende Bischofsworte

Vor den prominent besetzten Kirchenbänken mit Bundespräsident, Bundeskanzlerin und vielen Ministerpräsidenten der Länder fanden die beiden Berliner Bischöfe ernste Worte. "Eine Gesellschaft, die nicht lernfähig ist, erfriert und erstarrt", mahnte der katholische Erzbischof Heiner Koch. Lernfortschritte würden dabei oftmals angestoßen und begleitet durch Menschen und Gemeinschaften, die nicht zu den uns vertrauten Kreisen gehörten.

Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge, warnte vor den "Fliehkräften, die unsere Gesellschaft auseinandertreiben" wollten. Einheit bedeute daher nicht nur die Einheit von Ost und West, sondern auch die soziale Einheit des Landes. "Nur wenn wir alle mitnehmen, sichern wir den sozialen Frieden in unserem Land", mahnte Dröge.

Politische Appelle für Bewahrung der Demokratie

Auch auf dem anschließenden offiziellen Festakt in der Staatsoper Unter den Linden appellierten die beiden Redner, Bundesratspräsident Michael Müller (SPD) und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), eindringlich, die demokratischen Grundwerte unserer Gesellschaft zu verteidigen. Der Berliner Regierungschef sagte, Rassismus und Menschenfeindlichkeit dürften in der Gesellschaft keinen Platz haben.

Es sei an der Zeit offen und laut für unsere Grundwerte einzutreten. "In unserem Land muss niemand, um Kritik zu äußern, mit Rechtspopulisten oder Rechtsextremisten mitlaufen", sagte Müller unter großem Applaus. Müller erinnerte aber auch an die "Wunden", die auch die Nachwendezeit bei vielen Ostdeutschen geschlagen hat.

Der Erfolg Deutschlands gründe auf Gewaltverzicht, Meinungsfreiheit, Toleranz und gegenseitigem Respekt, betonte Schäuble. Niemand habe das Recht zu behaupten, er allein vertrete "das Volk", betonte der CDU-Politiker und erhielt dafür ebenfalls großen Beifall. Auch durch Zuwanderung sei die Gesellschaft heute bunter und unübersichtlicher. Dies mache Regeln noch wichtiger.

Jedoch dürfe die Herkunft eines Menschen "nicht dazu missbraucht werden, jemand herabzusetzen. Da müssen wir entschieden einschreiten." Wenn nötig, mit rechtstaatlicher Härte, so Schäuble.

Großes Bürgerfest

Als ob es mit den ernsten Worten nun genug sei, riss mit Ende des Festaktes der Himmel auf und die Sonne schien. Und Berlin begann den unbeschwerten Teil dieses Feiertages. Zehntausende strömten auf das Festgelände des Bürgerfestes im Regierungsviertel, wo Musik, Information, Bratwurst und Bier geboten wurden.

Zwischen den Zelten der Bundesländer sorgte die Cover-Musikgruppe Sang- und Klanglos aus dem Selfkant in Nordrhein-Westfalen mit Stimmungsmusik für beste Laune, auf der großen Bühne zeigte das Berliner Maxim Gorki Theater eine beeindruckende Performance zum Grundgesetz. Am Abend gab es ein großes Abschlusskonzert unter anderem mit Nena und Samy Deluxe.

Rechte Proteste

Unterdessen versammelten sich einen Kilometer Luftlinie entfernt am Hauptbahnhof die Rechten, um den Tag mit Preußenflaggen, "Merkel muss weg"- Bannern und dem Absingen der ersten Strophe des Deutschlandliedes auf ihre Art zu begehen. Etwa 1.000 Mann waren gekommen, darunter viele Hooligans und NPD-Kader.

Aber Berlin wäre nicht Berlin, wenn es nicht dagegen halten würde. Anwohner, Gewerkschaften, Kirchen und Künstler hatten Gegenkundgebungen organisiert, auch hier kamen über 1.000 Menschen. "Ihr seid hier nicht willkommen", lautete die klare Botschaft.


Erzbischof Heiner Koch (l.) und Bischof Markus Dröge / © Wolfgang Kumm (dpa)
Erzbischof Heiner Koch (l.) und Bischof Markus Dröge / © Wolfgang Kumm ( dpa )

Zentrale Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit  / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Zentrale Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
epd