Berge bezwingen

Von Schreibtisch-, Wäsche- und anderen Bergen

Kontoauszüge, Schreiben von Behörden und Versicherungen, Zettel für die Buchhaltung - auf dem Boden sitzend sortiere ich um mich herum einen Ablageberg vom Schreibtisch.

Berge! / © Sven Hoppe (dpa)
Berge! / © Sven Hoppe ( dpa )

Das sollte mich nicht wundern, schließlich war ich ein paar Wochen immer mal wieder unterwegs. Da bleibt halt viel liegen. Jetzt, Sonntagmorgen habe ich Zeit und mache mich also an die Arbeit. Cooles Gefühl, als der Stapel fertiger Brief immer mehr wächst. Jeder ein Stein weniger auf meiner Seele.       

Rums. Da knallt ein Wäschekorb mit nasser Wäsche aus dem Bad in den Flur hinter mir. Der Korb will auf gehangen werden. Die fünf aufgehängten und schon trockenen Wäschekörbe wollen abgehangen, gefaltet und weggeräumt werden. Okay, kommt auf die Liste.

Als ich aufstehe vom Sortieren und Abheften, um mir in der Küche einen Kaffee zu holen -fällt mein Blick auf die Beete im Garten. In denen das Unkraut vor lauter Frühsommersonne und Frühsommerregen wuchert und wuchert. Das müsste auch auf die Liste.

Da klingelt es an der Tür, der Nachbar. Während ich aufmache, sehe ich die Auffahrt und denke: hier stehen ja die immer noch nicht zurückgeräumten Tische und Bänke und Kästen vom traditionellen Pfingstfest. Dringend müsste hier aufgeräumt werden.

Während ich meinen Kaffee wieder hochtrage, fällt mir ein, dass ich weder die Kolumne für den Feiertag, noch die für den nächsten Sonntag bis jetzt geschrieben habe. Zum Schreibtischberg, dem Wäscheberg, dem Unkrautberg und dem Pfingstberg, also auch noch ein Kolumnenberg.

Jetzt will mir das Herz doch schwer werden, weil ich vor lauter Bergen fast den Berg nicht mehr sehe. Respektive mir die Berge vor den Augen flimmern. Wie soll ich denn so viele Berge bezwingen?

Mit dem Kaffee in der Hand setzte ich mich auf den Boden und lasse meinen Blick über Wäsche im Flur, Unkraut im Garten und Zettel auf dem Boden schweifen. Und jetzt?

Bin ich versucht meinen Scheuklappenblick wieder aufsetzen. Der ist praktisch: immer wenn ich wirklich gar keine Zeit habe, bleiben Zettel, Zettel und Wäsche, Wäsche. Zur Not gibt es eine Mahnung und Socken vom Wäscheständer. Aber jetzt gerade habe ich ja Zeit, um Dinge im Haus zu erledigen. Da ist es sehr läppsch‘, den Scheuklappenblick vorzuschieben und so zu tun, als wäre er notwendig.

Okay, hilft nur sich für einen Berg zu entscheiden. Ich schaue Wäsche, Zettel und Unkraut weiter an - und entscheide mich für den Kolumnenberg.