Benedikt XVI. war der am längsten amtierende "Deutsche"

Wir waren Papst

"Deutsche" Päpste gab es einige in 2.000 Jahren Kirchengeschichte. Aber obwohl Benedikt XVI. nur knapp acht Jahre regierte, war seine Amtszeit die längste eines deutschen Papstes.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Benedikt XVI. / © Christian Gennari (KNA)
Benedikt XVI. / © Christian Gennari ( KNA )

"Wir sind Papst" - die BILD-Schlagzeile vom 20. April 2005 galt sieben Jahre und zehn Monate. Benedikt XVI. (2005-2013), der erste "deutsche" Papst seit 482 Jahren, regierte trotz seiner bereits 78 Jahre bei Amtsantritt länger als alle anderen Vorgänger aus deutschen Landen. Seit Papst Hadrian VI. 1523 starb, saßen nur noch Italiener auf dem Stuhl Petri - bis der Pole Karol Wojtyla (1978-2005) diese Tradition durchbrach.

Die offizielle Zählung der "deutschen" Päpste ist problematisch, ist doch der Begriff "deutsch", zumal im Mittelalter, geografisch schwer zu fassen. Zum Reich - dem Heiligen Römischen, zumeist "deutscher Nation" - zählte weit mehr als das heutige Deutschland: Kärnten, Elsass, Lothringen, Südtirol, die Niederlande. Doch auch mit all diesen Regionen haben die Deutschen in zwei Jahrtausenden nicht mehr als acht Päpste hervorgebracht.

"Epoche der deutschen Päpste"

Die deutsche Vorhut bildete Brun, ein 24-jähriger Herzogssohn aus Kärnten, der als Gregor V. (996-999) seinen Verwandten Otto III. zum Kaiser krönte und sich danach recht rasch von ihm unabhängig machte. Die eigentliche Hoch-Zeit aber war ein halbes Jahrhundert später die sogenannte Epoche der "deutschen Päpste": Nicht weniger als fünf Deutsche traten binnen elf Jahren die Petrusnachfolge an.

Hintergrund war das religiöse Engagement Kaiser Heinrichs III., der die von den Klöstern ausgegangene Kirchenreform über Rom auf die Gesamtkirche übertragen wollte. Gegen die "Erbansprüche" des römischen Klerus setzte er die Wahl der Bischöfe Suidger von Bamberg als Clemens II. (1046/47) und Poppo von Brixen als Damasus II. (1048) durch. Doch beide starben verdächtig schnell - der zweite gar als ein "Papst der 23 Tage".

Der dritte Versuch: Leo IX.

Beim dritten Versuch, der römischen Kirche den deutschen Reformwillen aufzuzwingen, gelangte mit dem Elsässer Bruno von Dagsburg-Egisheim, dem später heiliggesprochenen Leo IX. (1049-1054), der wohl bedeutendste "deutsche" Papst des Mittelalters auf den Stuhl Petri.

Als Bischof von Toul hatte sich der Vetter von Heinrich III. um die Kirchenreform verdient gemacht. Das fünfjährige Pontifikat gehört zu den bedeutenden seiner Zeit, fallen doch die erfolgreiche Bekämpfung des Ämterkaufs bei Bischöfen, die Einschärfung des Pflichtzölibats, die Vorbereitung des Kardinalskollegiums als Leitungsgremium der Kirche, die Betonung des Primats des römischen Bischofs und die Spaltung von Ost- und Westkirche im Großen Schisma 1054 in seine Amtszeit.

Kontinuität und Hoffnung auf Umgestaltung

Für Kontinuität sorgten Bischof Gebhard von Eichstätt als Victor II. (1055-1057) und Stephan IX. (1057-1058), ein Bruder des Herzogs von Lothringen. Gerade von letzterem erwartete man ein kraftvolles Pontifikat, doch auch er starb früh. Besonders schwer einzuordnen ist Stephans Nachfolger Gerhard, Bischof von Florenz, der sich als Papst Nikolaus II. nannte (1058-1061). Er stammte aus dem französischen Burgund - oder doch aus Lothringen?

Nach dieser geschichtsmächtigen Epoche gab es bis heute nur noch einen "deutschen" Stellvertreter Christi auf Erden. Die überraschende Wahl des asketischen Adrian von Utrecht als Nachfolger des leichtlebigen Medici-Papstes Leo X. ließ 1522, mitten in den theologischen Auseinandersetzungen um "Reform" oder "Reformation", noch einmal Hoffnung auf eine radikale Umgestaltung der Kirche aufkeimen. Doch der Reformwillen des ernsten und wenig kunstsinnigen Nordmanns prallte am Unwillen des kurialen Establishments ab. Papst Hadrian VI. starb nach nur 20 Monaten - und die Spaltung auch der abendländischen Kirche nahm ihren Lauf.

Im Februar 2013 kündigte Benedikt XVI., der Papst aus Bayern, seinen Amtsverzicht an - mitten im "Jahr des Glaubens", das er zur Neuevangelisierung der westlichen Welt ausgerufen hatte. Kaum mehr als 21 Jahre war damit der Stuhl Petri in 2.000 Jahren Kirchengeschichte "deutsch" - kürzer also als (mit Johannes Paul II.) "polnisch", aber länger als (mit Franziskus) «argentinisch» bzw. "lateinamerikanisch".


Der Rücktritt eines Papstes: Benedikt XVI. (dpa)
Der Rücktritt eines Papstes: Benedikt XVI. / ( dpa )
Quelle:
KNA