Wenn 400 PS auf fünf Tonnen Leergewicht treffen, ist das Ergebnis entweder ein wirtschaftliches Nutzfahrzeug, der Cadillac von Barack Obama oder ein neues Papamobil. Wie in diesem Fall. Vor wenigen Tagen nahm der Papst das diamantweiße Gefährt in den Vatikanischen Gärten in Empfang. Schon am nächsten Tag unternahm Benedikt XVI. damit eine Fahrt durch Rom, wo er an der Mariensäule auf der Piazza di Spagna zum Hochfest Mariä Empfängnis das traditionelle Blumengebinde niederlegte.
Ansonsten gibt es bei der gepanzerten Spezialanfertigung auf Basis der M-Klasse von Mercedes-Benz einige Neuerungen. Der Benzinmotor ist wegen des größeren Gewichts deutlich stärker. Der Sonderaufbau aus schusssicherem Glas bietet dem Papst mehr Platz als das Vorgängermodell und hat ein beleuchtetes Innendach; das automatisch ausfahrbare Treppchen am Heck ist eigens für Benedikts Tritthöhe konzipiert; zusätzliche Haltegriffe erleichtern dem 85-Jährigen das Ein- und Aussteigen. Der elektrisch verstellbare Sitz aus weißem Leder - seine Begleiter müssen sich weiterhin mit zwei Klappsitzen begnügen - trägt das eingestickte Papstwappen, eine Sprechanlage ermöglicht den Kontakt mit dem Fahrer.
Wie beim bisherigen Papamobil sorgt ein Spezialgetriebe für ruckelfreie Fahrt bei langsamem Tempo. Eine Klimaanlage verhindert, dass bei Regen oder hoher Luftfeuchtigkeit die Scheiben beschlagen. Und wie schon zuvor hat Daimler zwei identische Fahrzeuge geliefert, um bei schnellen Ortswechseln auf Reisen lästige Transporte zu vermeiden. Wie üblich trägt das wohl berühmteste Auto der Welt das Kennzeichen SCV-1 für "Stato della Citta del Vaticano" (Vatikanstaat).
Mercedes stattet früh den Papst aus…
Die Päpste und ihre Automobile - eine Geschichte, die seit über 80 Jahren dauert. Pius X. wies 1909 noch ein Motorvehikel zurück, das ihm der Erzbischof von New York schenken wollte. Das Reisen in der Kutsche erscheine ihm komfortabler und vor allem ruhiger, meinte er. Der erste Papst mit «Benzin in den Adern» war Pius XI., der kurz nach seiner Wahl 1922 das Präsent eines Mailänder Autobauers annahm: Ein Bianchi Tipo 15 ist der Urahn aller Papamobile. Bald waren die Pferdekutschen nur noch ein Fall für die Vatikanischen Museen. Einige Prachtexemplare stehen heute in deren Fahrzeugabteilung, wie auch manche der motorisierten Staatskarossen, denen sich die Päpste nun anvertrauten.
Zum Beispiel der Mercedes-Benz Typ Nürburg 460. Die Firma schenkte die Limousine mit Luxusausstattung im Jahr 1930. Der V8-Motor mit 4,6 Liter Hubraum brachte eine Spitzengeschwindigkeit von 100 km/h. Schneller war nie ein Pontifex gewesen, wenn auch nicht bekannt ist, ob Pius XI. Chauffeure "mit Bleifuß" einstellen ließ. Auch für Johannes XXIII. und Paul VI. stellten die Stuttgarter ihre Sonderfabrikate zur Verfügung.
Dass nicht nur religiöse Verehrung den schwäbischen Erfindergeist beflügelt, sondern vor allem handfeste Werbeinteressen, versteht sich. Wie genau die "Überlassung" an den Vatikan aussieht, ob es sich dabei um ein Geschenk handelt, dazu wollte Daimler auch dieses Mal keine Details nennen. Vorstand Dieter Zetsche sprach bei der Übergabe an Benedikt XVI. nur von der Ehre für den Konzern, den Papst auch weiterhin auf seinen Reisen begleiten zu dürfen.
….aber auch schon andere Hersteller
Aber auch die Autobauer Lancia, Fiat und Citroen lieferten schon Wagen für den päpstlichen Fuhrpark. Seit dem Pontifikat des reisefreudigen Johannes Paul II. fertigten zudem etliche der besuchten Länder Mobile für seine Fahrten durch die Menge. Mehr als 60 solcher Konstruktionen erinnern weltweit an den Globetrotter auf dem Papstthron. Schon Paul VI. suchte von einem offenen Fiat-Geländewagen aus den direkten Kontakt zu den Menschen. Am 13. Mai 1981 nutzte ihn auch Johannes Paul II., als ihn auf dem Petersplatz die Kugeln des Attentäters trafen. Unbeirrt hat er danach bei Generalaudienzen auf dem Petersplatz immer wieder offene Fahrzeuge vorgezogen, wie auch Benedikt XVI. Dennoch zeigte das Ereignis den Bedarf an sicheren Papamobilen.
Zehn Jahre waren die beiden nun abgelösten Gefährte im Einsatz und erhalten dafür im Vatikan und in Stuttgart einen Platz im Museum. Dabei wären sie für Gebrauchtwagenkäufer durchaus attraktiv - beide haben erst rund 6.000 Kilometer auf dem Tacho. Selbst der sechs Jahre alte VW-Golf des früheren Kardinals Joseph Ratzinger wurde nach seiner Wahl zum Papst für rund 190.000 Euro versteigert. Selbst gefahren ist der Papst allerdings noch nie: Er besitzt keinen Führerschein.