US-Präsident Barack Obama gedachte zum 15. Jahrestag des Anschlags der Opfer. Es gebe "kein größeres Übel als geplante Gewalt gegen Unschuldige", sagte der Staatschef. Bill Clinton, damals Präsident, zog im Fernsehsender CNN und in der "New York Times" Parallelen von der Anfang der 90er Jahre aufkommenden regierungsfeindlichen Hetze zu "extremistischen" Stimmungen heute. Damals wie heute habe die Nation eine "wirtschaftliche und soziale Umwälzung" erlebt, sagte Clinton. Aufwieglerische Stimmen seien laut geworden, Mitte der 90er Jahre im Rundfunk, heute vor allem im Internet.
Veröffentlichten Briefen und Zeugenaussagen beim Prozess zufolge war der rechtsextreme Waffenenthusiast Timothy McVeigh zunehmend vom Gedanken besessen, dass die US-Regierung zu einem tyrannischen Regime verkomme. Schon in einem Leserbrief 1992 schrieb er, dass man eventuell "Blut vergießen muss, um das gegenwärtige System zu reformieren". Nach Darstellung des Rechtsextremismusexperten Chip Berlet vom Think Tank "Political Research Associates" sind derartige Ansichten gar nicht so ungewöhnlich in den USA. Theorien von der Verschwörung einer "Elite" - von Bankern, Freimaurern oder Juden - hätten Tradition.
Anfang und Mitte der 90er Jahren kam diese Paranoia in der Gründung von Milizen zum Ausdruck, die sich auf einen bewaffneten Kampf gegen die "Elite" vorbereiteten. Über den Präsidenten George Bush senior, der von 1989 bis 1993 regierte, hieß es, er wolle eine "neue Weltordnung" einführen. Sein Nachfolger Bill Clinton war verhasst, weil er das Waffenrecht verschärfte und angeblich "Patrioten" in Konzentrationslager sperren wollte.
McVeigh hat seine Tat nie bereut
McVeigh verkehrte in diesen Kreisen. Besonders empört hat ihn das Inferno von Waco, auf den Tag genau zwei Jahre vor seinem Anschlag. Am 19. April 1993 stürmten FBI und US-Sicherheitskräfte das Lager einer Endzeitsekte unweit des texanischen Waco. Das Anwesen brannte ab, und mehr als 70 Sektenmitglieder kamen um.
McVeigh hat seine Tat nach eigenen Angaben nie bereut. In Gefängnisinterviews, die am Montag erstmals veröffentlicht werden sollten, gab er Auskunft über seine Tatmotive. Waco habe ihn zum Weinen gebracht. Er habe so unbarmherzig zuschlagen wollen wie die US-Regierung selber, sagte McVeigh in einem im Kabelsender MSNBC gesendeten Interviewausschnitt. Und er habe durch den Anschlag "168 zu eins gewonnen". McVeigh wurde 1997 zum Tod verurteilt und am 11. Juni 2001 hingerichtet. Ein Komplize bekam lebenslange Haft, ein Mitwissender zwölf Jahre.
Nach McVeighs Anschlag verloren die Milizen an Boden. Die staatliche Überwachung der paramilitärischen Gruppen wurde verschärft, viele bisherige Anhänger waren von dem Blutbad entsetzt.
Wieder Zulauf für Rechtsextreme
Seit Barack Obamas Wahlsieg finden die Rechtsextremen aber wieder Zulauf. Nach Angaben des Extremismusforschungsinstituts "Southern Poverty Law Center" gab es vergangenes Jahr 127 Milizen, mehr als doppelt so viele wie 2008. Ende März wurden im US-Bundesstaat Michigen neun Mitglieder einer paramilitärischen Gruppe festgenommen, die laut Staatsanwaltschaft Mordanschläge auf Polizisten geplant hatten.
Anfang April 2009 gelangte ein nur für den Dienstgebrauch bestimmter Rechtsextremismus-Bericht des US-Heimatschutzministeriums an die Öffentlichkeit. "Das gegenwärtige wirtschaftliche und politische Klima" radikalisiere Extremisten und erhöhe den Zulauf zu den bewaffneten Gruppierungen, befand die Behörde. Das Ministerium warnte, die "Bedrohung durch Einzelkämpfer und kleine terroristische Zellen sei heute ausgeprägter als in der Vergangenheit".
Und gleichzeitig nehmen in manchen Medien die Hasstyraden gegen Obama zu. Der rechtskonservative TV-Sender Fox verbreitet zum Beispiel die Meinung, Obamas Wahl sei ein "Staatsstreich" gewesen, es drohe die "Zerstörung unserer Nation", und eine "zweite amerikanische Revolution" sei in Vorbereitung.
Beim Attentat von Oklahoma City starben vor 15 Jahren 168 Menschen
Mörderische Paranoia
Am 19. April 1995 wurden die USA vom bis dahin schwersten Attentat in ihrer Geschichte erschüttert. Bei der Detonation einer Lastwagenbombe in Oklahoma City starben 168 Menschen. Medien spekulierten sofort über islamistischen Terrorismus. Täter war aber ein US-Veteran des Irak-Krieges.
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