Behindertenhilfe: Lierhaus-Aussage nicht verallgemeinern

"Jedes Leben ist lebenswert"

Monica Lierhaus wehrt sich gegen den Vorwurf, ein Leben mit Behinderung abzuwerten. Sie spreche allein von ihren Empfindungen, betont sie angesichts der Debatte nach einem Interview. Die Behindertenhilfe begrüßt die Diskussion.

Monica Lierhaus (dpa)
Monica Lierhaus / ( dpa )

Nach kontroversen Reaktionen auf die kritische Rückschau von Monica Lierhaus auf ihre schwere Hirnoperation verteidigt die Moderatorin ihre Äußerungen. Die 45-Jährige wies in einem Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland Vorwürfe zurück, ein Leben mit Behinderung abzuwerten. "Ich kann die ganze Aufregung überhaupt nicht verstehen", sagte sie.

Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe begrüßte die Diskussion nach den Äußerungen von Lierhaus als Chance für eine verbesserte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung.

Lierhaus bereut lebensrettende Hirn-OP

Die Fernsehmoderatorin hatte über die Operation eines Aneurysmas im Jahr 2009, bei der sie neurologische Schäden erlitt, gesagt: "Ich glaube, ich würde es nicht mehr machen." Nach einer Rehabilitation blieben bei ihr Sprache und Bewegung eingeschränkt.

Ihr sei bewusst, dass sie ohne Operation inzwischen vermutlich nicht mehr leben würde, betonte sie ebenfalls in einem Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, doch das sei ihr "egal". Sie ergänzte: "Dann wäre mir vieles erspart geblieben." Verschiedene Blogger hatten der langjährigen "Sportschau"-Moderatorin vorgeworfen, sie zeichne ein falsches Bild von Menschen mit Behinderung.

Mehr Einsatz für gleichberechtigte Teilhabe gefordert

Der Vorsitzende der evangelischen Behindertenhilfe, Uwe Mletzko, sieht Lierhaus' Äußerungen als Chance. "Wir müssen diese Dinge diskutieren und kritisch als Gesellschaft darüber nachdenken, wie wir eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erreichen können", sagte der Ethiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dafür bleibe gesetzlich wie auch gesellschaftlich noch viel zu tun.

Der Theologe gab zu bedenken, Lierhaus habe eine persönliche Aussage getroffen, die nicht auf andere Menschen übertragbar sei: "Die Gefahr einer Pauschalierung ist sehr groß, aber jedes Leben ist lebenswert." Allen Stimmen, die diese Äußerung benutzten, um das Leben von Menschen mit Behinderungen weniger wertvoll oder als Last für die Gesellschaft darzustellen, müsse widersprochen werden.

Eltern nicht unter Druck setzen

So dürften Eltern beispielsweise nicht unter Druck gesetzt werden, behinderte Kinder nicht zu bekommen. "Ich finde, wir tun uns damit viel Gutes an, weil sie immer eine Bereicherung des Lebens sind", sagte Mletzko.

Lierhaus bleibt in der Debatte bei ihrem Standpunkt. "Ich stehe zu dieser Aussage: Ich würde mir heute sehr stark überlegen, ob ich diese Operation noch einmal machen würde", bekräftigte die TV-Moderatorin in dem am Dienstag veröffentlichten zweiten Interview:

"Es geht um mein Leben, über das ich spreche - und niemand außer mir kann nachempfinden, was ich in den vergangenen sechs Jahren durchgemacht habe."


Quelle:
epd