Baumhausbüro

Von Alltag und Urlaub

Der Boden schwankt. In den Wänden knackt es und über mir trappelt es. Ein bisschen muss ich mich noch gewöhnen, an mein neues Büro im Baumhaus.

Baumhaus in der Tanne / © Angela Krumpen
Baumhaus in der Tanne / © Angela Krumpen

Es ist Sonntagmorgen. Alles im Haus schläft. Ich bin schon wach. Einige Arbeit liegt auf meinem Schreibtisch herum. Soviel, dass ich sie nicht in der Woche schaffen kann. So setze ich mich zwar  an den Schreibtisch, schaue aber ein bisschen unmotiviert im Garten herum.

Mein Blick fällt auf das Baumhaus. Es ist kaum noch zu sehen, die Tanne ist in den letzten Jahren fast komplett davor gewachsen. Da ist es jetzt bestimmt kühl, seufze ich.

Und dann denke ich: warum ziehe ich eigentlich nicht um?

Fünf Minuten später  wurschtel ich mich durch die Tanne die Hühnerleiter hoch, balanciere meinen Laptop in der einen Hand und halte mit der anderen die Baumhaustür auf, die von der Tanne zugedrückt wird.

Der Boden schwankt ein bisschen, die Wände knacken und über mir trappeln kleine Vogelfüßchen. Seltsam, dass die so einen Lärm machen können, auf dem durchsichtigen Plastikwelldach. Aber ich erinnere mich, die Vogelfüßchen habe ich auch gehört, als ich mit den Kindern hier gepicknickt habe, im Sommerregen. Oder mit meinem Mann hier übernachtet habe.

Dankbar lasse ich meinen Erinnerungen ein bisschen ihren Lauf. Dankbar nehme ich wahr, wie die Kühle meine Gedanken beruhigt, sie sich aus der trägen Schwüle, die sich an meinem Schreibtisch unterm Dach über sie gelegt hatte, befreien.

Die Texte, die ich schreiben muss, gehen mir plötzlich schnell von der Hand.

Und ich habe noch Zeit übrig. Bleibe einfach sitzen. Höre den Vögeln zu. Grusel mich ein bisschen, weil der Boden doch immer noch ziemlich schwankt - und genieße es, im Baum zu sein.

Mein Herz, meine Augen, angestrengt von der langen Bildschirmarbeit, meine Seele, alles entspannt und beruhigt sich. Wie im Urlaub.

Wie wunderbar.

Plötzlich wunder ich mich: darüber, dass wir in  unserer Kultur  Arbeiten und Urlauben so streng trennen. So als könnte entweder die Arbeit den Urlaub beschmutzen. Oder Urlaub im Alltag die Arbeit verschlechtern.

Hier, in meinem neuen Baumhausbüro geht jedenfalls beides. Bestimmt mach ich das jetzt öfter.

Im Haus gegenüber sehe ich jetzt Bewegung. Jemand kocht Kaffee.

Zeit einen netten Brunch vorbereiten.