Bachs Magnifikat BWV 243 in der Vorstellung

Grandioser Lobpreis

Es stellt im Gesamtwerk von Bach eine Besonderheit dar. Zum einen ist das Werk mit 35 Minuten Aufführungsdauer recht knapp und prägnant komponiert, zum anderen sprudelt es nur so vor musikalischen Einfällen.

Stefan Lochner: Madonna mit dem Veilchen / © Lothar Schnepf (Kolumba)
Stefan Lochner: Madonna mit dem Veilchen / © Lothar Schnepf ( Kolumba )

Außerdem ist es eines der wenigen Werke, die Bach auf Latein komponierte. Textliche Grundlage der Vertonung ist der Lobpreis ("Magnifikat") der Maria aus dem Lukasevangelium. Die Gottesmutter spricht die Worte über Gottes segensreiches Handeln bei ihrem Besuch bei Elisabeth. Das Loben der Gottesmutter drückt Bach buchstäblich mit Pauken und Trompeten aus, besonders der erste Satz klingt außerordentlich festlich.

In mehreren Abschnitten beschreibt das Magnifikat das Handeln Gottes an den Menschen allgemein, aber auch speziell an Maria. Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut, so heißt es zum Beispiel und spielt darauf an, dass Maria den Sohn Gottes gebären soll. Bach fügt diese Worte in einer wunderbaren Arie für Sopran solo mit dem Satz: „Siehe von nun an preisen mich selig alle Geschlechter“ zusammen, der vom Chor kraftvoll ausgedrückt wird. Die makellose Stimmführung des Soprans steht für Maria, der Chor für die Generationen, die Maria selig preisen werden.

Das Magnifikat beschreibt weiter, wie Gott denen Gutes tut, die an ihn glauben. „Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten“, so heißt es. Auch für die Bedürftigen und Hungernden hat Gott Mitleid, er erhöht die Niedrigen so heißt es weiter. Dazu steht scharf der Gegensatz, was mit denen passiert, die nicht an ihn glauben: „Er zerstreut die Hochmütigen, er stürzt die Mächtigen vom Thron.“ Das Zerstreuen, das Verwirren drückt Bach sehr anschaulich in schnell aufeinander folgenden Choreinsätzen aus, das Wort „Dispersit“ „Zerstreut“ folgt außerdem  einer langen Notenkette, die abwärts, sozusagen ins Verderben führt.

Bach schrieb das Werk ursprünglich für das Weihnachtsfest, es passt aus katholischer Sicht aber auch gut zu Neujahr. Denn heute ist das Hochfest der Gottesmuter Maria. Das Besondere am Hochfest für Maria ist, dass allgemein dem Leben und Wirken der Gottesmuter gedacht wird, nicht einem besonderen Ereignis wie ihrer Geburt.

Der Thomaskantor vertonte das Magnifikat als wichtigsten biblischen Marientext nur einmal, arbeitete die Komposition später erheblich um. Die jetzt gängige Fassung in D-Dur ist kürzer als die ältere Es-Dur Fassung. Die hatte Bach wohl für den weihnachtlichen Vesper-Gottesdienst in Leipzig im Jahr 1723 vorgesehen.

Das Besondere: Bach unterbrach die lateinische Bibel-Vertonung durch vier sogenannte Einlagesätze, die teilweise auf Deutsch waren und textlich auf Weihnachtsliedern basieren. So zum Beispiel das Lied „Vom Himmel hoch da komm ich her“.

Durch die vier Einlagesätze erhielt Bachs Magnifikat einen klar weihnachtlichen Charakter. Vermutlich um das Werk öfters oder für ein anderes Fest nutzen zu können, überarbeitete Bach die Komposition etwa neun Jahre später um. Er transponierte es ins heller klingende D-Dur, glättete die Harmonik etwas und entfernte die Einlagesätze, so dass ausschließlich das Lukasevangelium vertont wird. Bei der Besetzung blieb es weitgehend, 5 Solostimmen und einen fünfstimmigen Chor sieht Bach vor, ebenso ein zeitübliches Instrumentalensemble, ergänzt um drei Trompeten, Pauken, zwei Querflöten und zwei Oboen.

Heute wird fast ausschließlich diese Fassung in zahllosen Konzerten aufgeführt.

 

Text: Mathias Peter

(Erstsendedatum: 01.01.2016)