Auszüge aus dem Türkei-Bericht der EU-Kommission im Wortlaut

Probleme bestehen fort

 (DR)

Die EU-Kommission hat in ihrem Fortschrittsbericht zur Türkei am Mittwoch in Brüssel erneut Vorwürfe wegen mangelnder Religionsfreiheit erhoben. Die Katholische Nachrichten-Agentur
(KNA) dokumentiert die entsprechenden Passagen in einer eigenen
Übersetzung:

"Zur Religionsfreiheit ist zu sagen, dass die Gottesdienstfreiheit im Allgemeinen weiter respektiert wird.

Im April traf eine Delegation von Beamten des Innen-, Bildungs- und Außenministeriums sowie des Generalsekretariats für EU-Angelegenheiten und der Verwaltung Istanbuls mit Führern nichtmuslimischer Gemeinschaften in Istanbul zusammen, um deren Probleme und mögliche Lösungen zu beraten.

Obwohl die verpflichtende Angabe der Religionszugehörigkeit in einigen Personaldokumenten wie etwa Personalausweisen im April
2006 abgeschafft wurde, enthalten solche Dokumente weiter Angaben über die Religion und schaffen damit ein Potenzial für diskriminatorische Praktiken. Das ist Besorgnis erregend.

Weiter besteht eine Reihe anderer Probleme fort. Nichtmuslimische Religionsgemeinschaften haben keine Möglichkeit, einen Status als juristische Person zu erhalten und haben weiter nur eingeschränkte Eigentumsrechte.

Sie erfuhren Probleme bei der Verwaltung ihrer Stiftungen und der Rückgabe enteigneten Eigentums. Ein Urteil des Staatsgerichtshofs vom Juni 2005, wonach die Möglichkeiten der Generaldirektion für religiöse Stiftungen bei der Übernahme der Verwaltung von Stiftungen eingeschränkt wurde, blieb während des Berichtszeitraums ohne Anwendung. (...) Die Auswirkungen des neuen Stiftungs-Gesetzes zu den genannten Bereichen kann erst geprüft werden, wenn es angenommen ist.

Weiterhin gelten Einschränkungen bei der Ausbildung von Geistlichen und bei Arbeitserlaubnissen für ausländische Geistliche in der Türkei. Die türkische Gesetzgebung erlaubt keine private höhere religiöse Ausbildung für diese Gemeinschaften. Das griechisch-orthodoxe Priesterseminar in Chalki (Heybeliada) bleibt geschlossen. Der öffentliche Gebrauch des kirchlichen Titels "Ökumenischer Patriarch" ist weiter verboten.

Predigten und Veröffentlichungen der Direktion für religiöse Angelegenheiten (Diyanet) und örtlicher religiöser Behörden sind gelegentlich feindselig gegenüber missionarischen Aktivitäten.
Übergriffe gegen Geistliche und Gottesdienststätten nichtmuslimischer religiöser Gemeinschaften wurden berichtet. Das Gerichtsverfahren gegen den Mörder des katholischen Priesters Andrea Santoro in einer Kirche in der Provinz Trabzon in der Schwarzmeer-Region endete mit einer schwere Strafe für den Täter.
Zudem kam es zu einigen Zwischenfälle gegen syrisch-orthodoxe Christen.

Es gab keine Entwicklungen mit Blick auf die Lage der alevitischen Gemeinschaft. Aleviten erleben Schwierigkeiten bei der Eröffnung ihrer Gotteshäuser (Cem-Häuser). Cem-Häuser werden nicht als Gottesdiensthäuser anerkannt und erhalten keine Zuschüsse der Behörden.

Kinder von Aleviten werden zur Teilnahme am Religionsunterricht in Schulen gezwungen, dadurch wird ihnen die Anerkennung ihrer Eigenart verweigert. Ein Fall verpflichtenden Religionsunterrichts ist vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof anhängig. Es ist geplant, in den Lehrplänen der Sekundarschulen vom nächsten Jahr an auf die Aleviten einzugehen.

Insgesamt wird die Freiheit der Gottesdienstausübung im Allgemeinen respektiert. Allerdings kann kein Fortschritt berichtet werden, was die Schwierigkeiten der nichtmuslimischen Religionsgemeinschaften vor Ort angeht. Zudem erleben die Aleviten weiter diskriminierendes Handeln."