Australien diskutiert ein Popmusik-Verbot bei Beerdigungen

Zu Gott mit Sinatra oder Highway zur Hölle?

Frank Sinatras «I did it my way» ist die mit Abstand beliebteste Hymne bei Beerdigungen in Australien. Sinatra preist ein Leben, das sich nicht um Traditionen schert. An den Gräbern katholischer Verstorbener in der Erzdiözese Melbourne ist er nun verstummt - zum Unmut der Bevölkerung.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Eine neue Richtlinie von Erzbischof Denis Hart verbietet weltliche Popmusik bei Trauergottesdiensten. Das schließt auch die bei Begräbnissen beliebten Schlachtsongs der großen Rugbyclubs ein.



Mit seiner Begründung stieß der Erzbischof bei der Bevölkerung auf Unverständnis. Der Hauptzweck einer Beerdigung sei die "Übergabe des Verstorbenen an Gott", so der Erzbischof, und nicht die Erinnerung an sein Leben. In Leserbriefen und Online-Umfragen der Melbourner Tageszeitungen machten die Australier ihrem Ärger Luft. Die Beerdigungsrichtlinien seien ein weiterer Beweis für die Entfernung der Kirche von der Lebenswirklichkeit, war dort zu lesen.



Im Weblog des in der Kirche kontrovers diskutierten, aber bei den Melbournern populären Pfarrers Bob Maguire wetterte eine Bloggerin gegen das Verbot. Der Fokus liege zurecht auf dem Verstorbenen selbst. Wenn man das Leben eines Menschen und all das würdige, was er gern mochte, dann sei das doch auch eine Würdigung des von Gott geschenkten Lebens.



Bischofskonferenz diskutiert

Seit fast 150 Jahren ist das Melbourner Familienunternehmen "Nelson Bros" mit den Bedürfnissen Trauernder bestens vertraut. Die Bestatter haben bereits Menschen aller Religionen beigesetzt. Geschäftsführer Adrian Nelson beobachtet schon länger einen Trend hin zu säkularen Trauerfeiern und Beerdigungen. Vor allem unter der "Babyboomer-Generation" seien "persönliche Feiern anstelle starrer Kirchenrituale" gewünscht. Er sei gespannt, ob sich die Priester tatsächlich an die Weisung halten werden: "Ich denke, so mancher wird auch mal ein Auge zudrücken."



Auch in der Australischen Bischofskonferenz ist das Pop-Verbot bereits ein Thema. "Wir diskutieren das", sagt Erzbischof Mark Coleridge von Canberra und Goulburn, der auch Vorsitzender der Bischofskommission für Liturgiefragen ist. Die Besonderheiten eines katholischen Begräbnisses sollten nicht aufgegeben und unterminiert werden. Zugleich werde die Kirche den Wandel aber auch nicht ignorieren. Nur wolle sie sich nicht "bedingungslos unterordnen". Was dies in der Praxis bedeute, sei "schon schwieriger auszumachen." Zur neuen Richtlinie in Melbourne wollte Coleridge sich nicht äußern. Jeder Bischof sei in seiner Diözese selbst verantwortlich, sagte er.



Sehr selten schockierende Musik

Natürlich gebe es auf der anderen Seite auch "viele Katholiken, die sich ein traditionelles Begräbnis wünschen", weiß Maria George. Die engagierte katholische Laiin unterstützt in Melbourne häufig Familien bei der Planung von Beerdigungen. Es komme nur sehr selten vor, dass jemand "schockierende Musik oder Symbole" verlange. Nach ihrer Erfahrung sind die meisten Menschen froh, wenn sie eine Anleitung für eine würdige Gestaltung der Trauerfeier bekommen.



Welche Titel angemessen oder schockierend sind, hängt natürlich stark vom Ohr des Betrachters ab. Sinatras "My Way", "Wonderful World" von Louis Armstrong und "Time to say goodbye" von Andrea Bocelli und Sarah Brightman sind laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2008 die Favoriten unter den zehn beliebtesten Beerdigungssongs in Australien. Nur selten wählten die Angehörigen "The Show Must Go On" von Queen, Led Zeppelins skurrile "Stairway to Heaven"

(Himmelstreppe) oder - in umgekehrter Richtung - AC/DC"s Heavy-Metal-Hymne "Highway to Hell" (Autobahn zur Hölle).