Ausstellung zu den Spielen in Oberammergau

Eine Huldigung an die Passion

Christopher Thomas arbeitet weltweit als renommierter Werbefotograf, seine Fotoreportagen wurden vielfach international ausgezeichnet. In München zeigt eine Schau nun seine Aufnahmen der Passionsspiele von Oberammergau. Mit seiner Kamera hat er beobachtet, wie sich Menschen von heute in die Charaktere der biblischen Zeit verwandelt haben.

Autor/in:
Karl H. Prestele
 (DR)

Wer im vorigen Jahr eine der 102 Vorstellungen der Passionsspiele in Oberammergau gesehen hat, erkennt sie auf diesen Fotografien alle wieder: Jesus, seine Mutter, Judas, Maria Magdalena oder Szenen wie das Abendmahl, die Dornenkrönung, Kreuzigung und Grablegung. Die 33 Aufnahmen stammen aus dem umfangreichen Passionszyklus des Münchner Fotografen Christopher Thomas (Jahrgang 1961) und werden derzeit im beeindruckenden neugotischen Kirchensaal des Bayerischen Nationalmuseums präsentiert.



Durch den Kontakt zu Spielleiter Christian Stückl bekam Thomas die Chance, im Winter 2009 die Proben mit der Fotokamera zu begleiten.  Was er als Dokumentarserie begonnen hatte, änderte sich mit seinem Porträt einer alten Frau aus dem Volk in ihrem Schmerz: Alles bisherige Material verwarf er und konzentrierte sich nun ausschließlich auf den Ernst, die Hingabe und Leidenschaft, mit der die Laiendarsteller sich in ihre Rolle einfühlten. So sind Bilder wie alte Gemälde entstanden, die den Geist des Spiels einfangen - eine großartige Huldigung an die Oberammergauer Passion von suggestiver Wirkung und Kraft.



Nicht die Massenszenen und die spektakuläre Buntheit der Inszenierung interessierten ihn, sondern der einzelne Mensch, konzentriert auf das Wesentliche, seine persönliche Reaktion auf das Leiden, Sterben und die Auferstehung Jesu. "In dieser Geschichte", sagt Thomas, "steckt alles, was uns Menschen bewegt." Thomas hat sich auf wenige Protagonisten beschränkt, auf ihr Gesicht, ihre Körperhaltung, die Gesten und den speziellen Ausdruck.



Wie Ikonen der Frömmigkeit aus alten Zeiten

Obwohl die würdevollen Gewänder der Frauen und Jünger, die exzentrischen Hüte der Priesterschaft, die Faltungen der Stoffe auf den Fotografien sehr ästhetisch und formal vollendet gestaltet sind, ist für Thomas deren inhaltliche Aussage wichtiger: Die meditative Stille und subtile Poesie seiner Aufnahmen sollen den Betrachter innehalten lassen und berühren.



Er hat sie so gestaltet, dass sie wie Ikonen der Frömmigkeit aus alten Zeiten wirken. Die Gesichter, Körper und Stoffe heben sich kontrastreich vom schwarzen Hintergrund ab, die Farben sind reduziert auf Grau, Braun- und Beige-Töne, und die Motive sind grobkörnig wiedergegeben, bedingt durch den Verzicht auf zusätzliches Licht.



Thomas" Fotografien sind wie Gemälde alter Meister inszeniert, sie erinnern an Caravaggio, Zurbaran, Tizian oder Rembrandt und an die Passionsdarstellungen der abendländischen Malerei. Mit solchen spätmittelalterlichen Tafeln wie etwa denen von Jan Polak treten sie in der Ausstellung des Bayerischen Nationalmuseums in direkten Kontakt. Einen idealeren Raum als den dortigen Kirchensaal kann man sich für diese faszinierenden Aufnahmen - die meisten sind schon an museale und private Sammlungen verkauft - nur schwer vorstellen.