Ausstellung über städtebauliche Entwicklung rund um den Vatikan

Als der Petersplatz noch eine Überraschung war

Auch in der Ewigen Stadt ist nicht alles ewig: Der freie Blick auf den Petersplatz etwa. Den gibt es erst seit rund 80 Jahren. Wie es vorher aussah, zeigt von diesem Freitag bis zum 20. November eine Ausstellung in den Kapitolinischen Museen.

Petersdom und Petersplatz in Rom / © Stefano Dal Pozzolo (KNA)
Petersdom und Petersplatz in Rom / © Stefano Dal Pozzolo ( KNA )

Der freie Blick auf den Petersdom, die unverstellte Sicht auf diese monumentalste Kirche der katholischen Christenheit vom Tiber aus: Das ist für viele Rom-Besucher das Selbstverständlichste auf der Welt. Es klingt schließlich einleuchtend: Das Zentrum der Weltkirche sollen Pilger schon von Weitem erkennen können. Doch wie so vieles in der Ewigen Stadt sah auch das Viertel rund um den Vatikan keineswegs schon immer so aus wie heute. Das lehrt der Besuch einer neuen Sonderausstellung der Kapitolinischen Museen, die am Freitag eröffnet wurde und noch bis zum 20. November zu sehen ist.

Die Schau mit dem Titel "Die Trennwand. Vom vatikanischen Feld bis zur Via della Conciliazione" schildert die städtebaulichen Veränderungen des Stadtviertels, das sich heute am Vatikanstaat befindet. "Borgo" zu Deutsch schlicht "Viertel" nennen es die Römer. Heute gönnen sich dort Pilger und Touristen nach einem Besuch im Petersdom oder in den Vatikanischen Museen Pizza und Eis.

Früher war vom Tiber aus nur die Kuppel zu sehen

Fasziniert heute der Panoramablick, war es früher der Überraschungseffekt: Reisende in vergangenen Jahrhunderten schlenderten durch teils enge, dunkle Gassen und plötzlich tat sich hinter einer Hauswand der gewaltige Petersplatz mit den Kolonnaden Berninis auf. Die Fotos und Gemälde der Ausstellung vermitteln von diesem Kontrast einen anschaulichen Eindruck.

Der Titel der Ausstellung klingt zunächst ungewöhnlich: "Die Trennwand", italienisch "La spina". Gemeint ist damit die einstige schmale Häuserzeile zwischen den beiden Straßen, die unmittelbar zum Petersplatz führten. Dieses Ensemble erinnerte die Römer an die Trennwand zwischen den Rennbahnen in der Mitte eines antiken römischen Zirkus, genannt "La spina". Die Gebäude, die da standen, wo heute die "Via della Conciliazione" verläuft, verdeckten damals den Blick auf den Petersdom. Zu sehen war vom Tiber aus nur die Kuppel - bis zum Abriss der "Trennwand".

Das Ziel: Ein besserer Zugang zum Petersplatz

Die freie Sicht auf den Petersplatz verdanken Rom-Besucher einem Mann, der sonst kaum Freiräume ließ: dem faschistischen Diktator Benito Mussolini. Ähnlich wie am Forum Romanum sollte nach seinem Willen auch hier eine Prachtstraße entstehen, um Roms imperiale Größe architektonisch in Szene zu setzen. Dafür ließ Mussolini das alte Borgo-Viertel ohne viel Federlesens abreißen. Ihr Name "Via della Conciliazione" - Straße der Versöhnung - erinnert an die Lateranverträge von 1929. Damit legten das Königreich Italien und der Heilige Stuhl ihren jahrzehntelangen Streit über den rechtlichen Status des Vatikan bei. Vollendet wurde das 1937 begonnene Projekt erst im Heiligen Jahr 1950.

Doch die Faschisten waren nicht die ersten, die für einen besseren Zugang zum Peterplatz ein halbes Stadtviertel in Schutt und Asche legen ließen. Bereits 1499 war Borgia-Papst Alexander VI. ähnlich verfahren, als er große Teile des mittelalterlichen Stadtviertels vor dem Petersplatz dem Erdboden gleichmachen ließ. Sein Ziel: Zum Heiligen Jahr 1500 sollten die Pilgermassen möglichst ungehindert in den Petersdom strömen können.

In der Antike noch kein Vatikanstaat

Ein Schwarzweiß-Foto aus dem Jahr 1892 verblüfft besonders. Aufgenommen wurde es offenbar von der Engelsbrücke aus. Zu sehen ist eine Eisenbrücke, die an die Hohenzollernbrücke in Köln erinnert. Erst bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass es sich um jene Tiberbrücke handelt, die zum Petersplatz führt. Bis zur Fertigstellung der heutigen Brücke aus weißem Travertin war dieses Modell von 1889 bis 1912 im Einsatz.

In der Antike gab es noch keinen Vatikanstaat, geschweige denn eine Brücke dorthin; nur ein vatikanisches Feld, den "ager vaticanus". Und hier hatte das Petrusgrab, wie die Ausstellung lehrt, auch im vierten Jahrhundert noch keineswegs ein religiöses Monopol: Die Kapitolinischen Museen zeigen etwa einen weißen Marmoraltar des orientalischen Kybele-Kults. Darauf wurden Stiere geopfert - "Bluttaufe" nannte man das. Gefunden wurde die Kultstätte 1949 bei Ausgrabungen am Petersplatz. Eine Trennwand gab es damals wohl noch nicht.


Quelle:
KNA