Triage bei System-Überlastung laut Bischof Bätzing zulässig

Ausschließlich medizinische Aspekte entscheidend

Die katholische Kirche in Deutschland hält die Triage bei einer Überlastung des Gesundheitssystems durch Corona als letztes Mittel für gerechtfertigt. Sie müsse ethisch als Ultima Ratio betrachtet werden, so Bischof Bätzing.

Archivbild: Triage für Coronavirus-Notfälle in Bergamo / © Claudio Furlan (dpa)
Archivbild: Triage für Coronavirus-Notfälle in Bergamo / © Claudio Furlan ( dpa )

Ärztliche Entscheidungen, wer eine intensivmedizinische Behandlung erhält, wenn nicht hinreichend Ressourcen vorhanden sind, seien bei einer wirklichen Überlastung des Gesundheitssystems gerechtfertigt, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland am Samstag.

"Die Triage muss ethisch unter dem Aspekt der Ultima Ratio betrachtet werden", fügte Bätzing hinzu. Es handele sich nach Ausschluss aller anderen Alternativen "um ein letztes Mittel, so rational wie möglich vorzugehen, um so viel Humanität und Leben zu bewahren", wie es die Situation zulasse.

Bätzing: Ausschließlich medizinische Aspekte als Entscheidungskriterien

Triage

Der Begriff "Triage" bezeichnet in der Medizin eine Methode, um im Fall einer Katastrophe oder eines Notfalls die Patienten auszuwählen, die zuerst eine medizinische Versorgung erhalten. Das Wort stammt aus dem Französischen und bedeutet übersetzt "sortieren" oder "aussuchen". Der Begriff stammt aus der Militärmedizin, wo es um die Versorgung der Verletzten auf dem Schlachtfeld geht. Inzwischen wird er auch in der Notfallmedizin oder dem Zivilschutz etwa bei Katastrophen, Terroranschlägen oder Pandemien verwandt. Dazu wurden strukturierte Triage-Instrumente entwickelt.

Archivbild: Triage für Coronavirus-Notfälle in Bergamo / © Claudio Furlan (dpa)
Archivbild: Triage für Coronavirus-Notfälle in Bergamo / © Claudio Furlan ( dpa )

Bätzing forderte, dass eine Triage "in streng begrenztem Rahmen nach den etablierten Regeln der ärztlichen Heilkunst und den Grundsätzen der Medizinethik und des ärztlichen Berufsethos" durchzuführen sei. "Als Entscheidungskriterien kommen ausschließlich medizinische Aspekte in Betracht, insbesondere aber die Behandlungsbedürftigkeit und die Prognose, die sorgfältig individuell abgewogen werden müssen", sagte der Konferenzvorsitzende. Abzulehnen seien äußere Kriterien wie das Lebensalter, Behinderungen oder das Geschlecht, insbesondere jedoch soziale Kriterien wie Stellung, Bekanntheitsgrad, ökonomische Aspekte oder auch "Systemrelevanz".

Unerlässlich sei es auch, "alle Patienten, die zum Zeitpunkt der Überlastung eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, in die Triage einzubeziehen und diese nicht nur auf die Personen mit Covid-19″ zu begrenzen, so Bätzing.

Bedford-Strohm: jedes Menschenleben gleich viel wert

Auch die Evangelische Kirche betont, dass jedes Menschenleben gleich viel wert sei. "Dass wir überhaupt über Triage diskutieren müssen, zeigt, wie wichtig es ist, alles dafür zu tun, dass solche Situationen vermieden werden können. Durch Einhaltung der Corona-Regeln können wir alle dabei mithelfen", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

"Es gibt keine Einteilung von Menschengruppen, deren Lebensrecht mehr oder weniger wiegt", so Bedford-Strohm. "Menschen, die sie zu treffen haben, brauchen unseren Beistand und unsere Solidarität", sagte der bayrische Landesbischof. "Und da, wo sie mit Schuldfragen ringen, weil sie Menschen nicht mehr die bestmögliche Versorgung zukommen lassen können, brauchen sie das Vertrauen, dass Gott uns vergeben wird, wo wir ihn darum bitten." 

Georg Bätzing

Georg Bätzing wurde am 13. April 1961 in Kirchen (Sieg) geboren. Er studierte Philosophie und Theologie an der Universität Trier und der Universität Freiburg.

1987 wurde er in Trier zum Priester geweiht. Von 1996 bis 2010 war er als Leiter des Priesterseminars für die Priesterausbildung im Bistum Trier verantwortlich. Bereits 2007 übernahm er die Leitung der Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier. Ab November 2012 war Bätzing Generalvikar des Bistums Trier.

Bischof Georg Bätzing / © Bert Bostelmann (KNA)
Bischof Georg Bätzing / © Bert Bostelmann ( KNA )

 

Quelle:
KNA