Auflösung des Kirchenasyls in der Kritik

Tabubruch in Münster

Nach dem Polizeieinsatz gegen ein Kirchenasyl gibt es für den Flüchtling wieder Hoffnung: Er darf bis auf weiteres in Deutschland bleiben. Die Kritik am Vorgehen der Behörden nimmt unterdessen zu, es wird eine Aufklärung gefordert.

Geöffnete Kirchentür / © Markus Linn (KNA)
Geöffnete Kirchentür / © Markus Linn ( KNA )

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche und die NRW-Grünen fordern eine Aufklärung, wie es zu dem Bruch des Kirchenasyls habe kommen können. Unterdessen ist der Flüchtling wieder nach Nordkirchen zurückgekehrt, wie das Netzwerk Kirchenasyl Münster am Freitag mitteilte. Sein Asylverfahren solle nach Zustimmung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Deutschland durchgeführt werden.

Die ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" Aufklärung erklärte, das BAMF habe im vergangenen Jahr seine grundsätzliche Akzeptanz von Kirchenasyl bekräftigt. Der Verein forderte nach dem Vorfall in Münster von der Behörde "eine erneute klare Aussage zur Achtung des Kirchenasyls".

BAMF habe das Kirchenasyl gebrochen

Trotz zuvor gemachter Zusicherungen und Vereinbarungen habe das BAMF ein Kirchenasyl ohne weitere Verhandlungen und Bemühungen gebrochen, erklärte das Münsteraner "Netzwerk Kirchenasyl" am Freitag. "So ein Vorgehen ist ein Desaster für die Kirchenasylpraxis", erklärte eine Sprecherin des Netzwerks, Julia Lis, am Freitag. Es bestehe nun die Gefahr, dass schutzbedürftige Menschen und die aufnehmenden Kirchengemeinden vor einem Polizeieinsatz bangen müssten.

Das Netzwerk appellierte an die Kirchen, auf eine klare Positionierung des BAMF und von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zu drängen. Wie notwendig der Schutz durch ein Kirchenasyl sein könne, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, "das hat uns dieser Fall eindrücklich vor Augen geführt".

Tabubruch

Die Grünen in NRW forderten NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) zum Handeln auf. Er müsse "in Absprache mit allen Beteiligten für die Zukunft Verfahrensweisen finden, die im Vorfeld deeskalierend wirken und das Kirchenasyl und die dahinter stehenden humanitären Beweggründe respektieren", erklärte der Landesvorstand der Grünen am Donnerstagabend in Düsseldorf. Der Einsatz gegen ein Kirchenasyl sei ein "bisher nahezu einzigartiger Tabubruch".

Unterdessen sei der 31-jährige Flüchtling aus Ghana nach Nordkirchen im Kreis Coesfeld zurückgekehrt, wo er vor dem Kirchenasyl untergebracht war, erklärte Lis. Dort sei er freudig von den Unterstützern aus der katholischen Gemeinde St. Mauritius empfangen worden. Der Mann hoffe nun, am 1. September seine Ausbildung beginnen zu dürfen. Der Ausbildungsvertrag liege bereits vor. Zustimmen müsse jedoch noch die Ausländerbehörde des Kreises Coesfeld.

Verwaltungsgericht setzte drohende Abschiebung aus

Am Dienstag hatte die Polizei den Ghanaer gewaltsam aus einem Kirchenasyl in einem Kloster in Münster abgeführt. Er sollte auf Anordnung des BAMF nach Ungarn abgeschoben werden, wo er zuerst registriert worden war. Das Verwaltungsgericht Münster setzte die drohende Abschiebung im Rahmen eines Eilantrages aus. Nach Einschätzung des Gerichts genügt die Versorgung von Flüchtlingen in Ungarn nicht den Anforderungen des EU-Rechts und der europäischen Menschenrechtskonvention.

Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen.

 

Quelle:
epd