... auch den Leuten in Rheda-Wiedenbrück, der vermeintliche Schandfleck

Uns geht´s gut …

Ingo Brüggenjürgens ostwestfälische Heimat Rheda-Wiedenbrück stand durch den Tönnies-Skandal in den vergangenen Wochen stetig in der Kritik. Der Domradio-Chefredakteur bricht nun in seinem Wochenkommentar eine Lanze für die Bürger aus seinem Heimatort und erklärt, weshalb der Ort mehr als nur einen Skandal zu bieten habe.

 (DR)

Heimat ist da, wo das Herz höher schlägt. Bedingt durch Corona sorgt meine ostwestfälische Heimat derzeit bundesweit für Negativ-Schlagzeilen. Rheda-Wiedenbrück – das klang für viele Rheinländer bis jetzt irgendwie so wie Waldbreitbach im Westerwald – nur eben noch viel dunkler und viel weiter weg. Dank eines immer auf maximalen Gewinn orientieren Fleischkonzernchefs Clemens Tönnies weiß inzwischen jeder: Die kleine Stadt an der Ems liegt im Kreis Gütersloh. Corona-Hotspot und verseuchtes Gebiet – Autokennzeichen GT. Da sollte man besser ein wenig Abstand halten…

Wie schnell haben wir das fertige Bild im Kopf! Unser Urteil gefällt! Ich habe doch im Frühjahr auch das ganze Gebiet rund um Heinsberg für verseuchtes Gelände gehalten. Aber es stimmt eben nicht. Ja, es waren über 2000 Werksmitarbeiter infiziert – aber im ganzen Kreis gibt es über 360.000 Menschen. Genau so viele gute und schlechte Menschen wie in jedem anderen Kreis.

Auch wenn ich gerne zugebe, dass uneinsichtige Fleischbarone, die sich immer noch für völlig unschuldig halten und sich jetzt auch noch aus der Verantwortung stehlen und Lohnkostenerstattung beantragen, woanders vermutlich eher Mangelware sind.

Aber ich kenne vor Ort in meiner Heimat so viele liebenswerte, engagierte, lebensfrohe und charakterlich höchst anständige Menschen, für die ich hier gerne mal ein gutes Wort einlegen möchte. Diese Menschen stehen nie im Scheinwerferlicht oder in der Schalker VIP-Lounge. Sie kümmern sich bis zur Erschöpfung um Kranke und Alte. Sie stehen am Sterbebett und halten die Hand bis zum Schluss. Sie besuchen Einsame und trösten die Traurigen. Damit kommt man in der Regel nicht ins Fernsehen und wird auch kein Influencer auf YouTube.

Aber ich bin mir ganz sicher, mit jeder guten Tat kommt man nicht nur im Kreis GT dem Himmel auf Erden ein wenig näher. Ich bin mir zudem auch ganz sicher, dass jeder von uns solche Menschen schon in seiner direkten Nachbarschaft findet. Menschen, die einem Heimat geben und das Herz höher schlagen lassen.

 

 



Ihr
Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur DOMRADIO.DE

PS: Im Rahmen unserer Aktion „Meine Heimatkirche“ (www.meineheimatkirche.de) radele ich gerade viele Kirchen in meiner ost-westfälischen Heimat an. In den Interviews an der Basis merke ich: Diese Christen vor Ort warten nicht unbedingt auf neue Instruktionen aus Rom. Aber sie alle haben einen gut funktionierenden Draht nach ganz oben…