Atomtreffen von Bund und Ländern bleibt ohne Ergebnis

Endlager-Suche mit Tücken

Die Suche nach einem Endlager für Atommüll ist und bleibt ein Geduldsspiel. Verhandlungen zwischen Vertretern der Bundesregierung, der Länder und der Parteien endeten am Dienstagabend ohne Ergebnis. Doch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) verbreitete Optimismus: "Der Konsens ist zu greifen und wir hätten auch zugreifen können." Es werde nur noch eine nächste, letzte Sitzung geben, kündigte er an. Strittig ist aber weiter, was aus dem möglichen Standort Gorleben wird.

Autor/in:
Jens Twiehaus
 (DR)

Im November hatten sich Bund und Länder auf einen Neustart bei der Endlagersuche verständigt. Röttgen will die Erkundung in Gorleben zwar noch in diesem Jahr einstellen, das Erkundungsbergwerk aber nicht schließen. Unter anderem soll dort ein Forschungslaborbetrieb möglich sein. Diese und andere strittige Punkte sollten beim ersten Spitzengespräch mit Beteiligung der Parteien besprochen werden. Vereinbart werden soll aber noch nicht ein Standort, sondern lediglich ein Suchgesetz, auf dessen Basis ein endgültiges Lager für hoch radioaktiven Müll gefunden werden kann.



Keine Stellungnahmen von Grünen und SPD

Nach mehr als zwei Stunden am Verhandlungstisch drangen keine konkreten Ergebnisse nach draußen. Weiterhin seien vier Punkte nicht geklärt, sagte Röttgen, ohne genaue Streitpunkte erläutern zu wollen. Einer dieser Punkte ist mutmaßlich auch Gorleben: SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte vor dem Treffen noch einmal betont, den Salzstock als Standort wie jeden anderen zu behandeln. Ihm schloss sich auch Niedersachsens Umweltminister Stefan Birkner (FDP) an.



Gabriel äußerte sich nach dem Treffen nicht. Auch Teilnehmer aus den Reihen der Grünen wie Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin rauschten meist wortkarg an den wartenden Kamerateams vorbei.



Trittin hatte kurz vor der Zusammenkunft gesagt, es müsse ein Bau- und Erkundungsstopp für den Standort Gorleben verhängt werden. Er lehnte zudem den Plan Röttgens ab, ein neues Institut für die Endlagersuche zu schaffen. Dafür solle weiter das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig bleiben, das sich damit gut auskenne.



Gabriel warnte Röttgen vorab vor verfassungsrechtlichen Problemen. Insbesondere lehnte er die Idee ab, den Betrieb des Endlagers an Privatunternehmen zu vergeben. Zudem warnte Gabriel davor, den Salzstock Gorleben zu einem Referenzstandort zu machen, an dem sich alle anderen Kandidaten messen müssten.



Trittin: Gorleben ist "politisch verbrannt"

Trittin betonte, Gorleben solle bei der Suche nicht per se ausgenommen bleiben. "Gorleben ist genauso ein Standort wie irgendeine andere Fläche in Deutschland." Es habe sich somit den gesetzlich verbrieften Kriterien zu stellen. "Wenn es diesen nicht genügt, fliegt es raus. Wenn es weiter genügt, wird es weiter geprüft." Gorleben sei aber "politisch verbrannt" und nach seiner persönlichen Einschätzung auch geologisch ungeeignet.



Der Präsident des Deutschen Atomforums, Ralf Güldner, hält indes am Standort Gorleben als Endlager für radioaktive Abfälle fest. Es gebe keine technisch begründeten Argumente dagegen, sagte Güldner dem ARD-"Morgenmagazin". Der Salzstock in Gorleben sei sorgfältig geprüft worden. "Wir sehen keinen Grund, hier auf der Zielgerade stehen zu bleiben."



Atomkraftgegner empfangen Politiker mit Protesten

BUND-Experte Thorben Becker kritisierte, dass die Endlagerfrage ausschließlich hinter verschlossenen Türen verhandelt werde. Die Energieexpertin der Linkspartei im Bundestag, Dorothée Menzner, bemängelte: "Röttgen verschweigt der Öffentlichkeit, wie es mit der Atommüllverwahrung weitergehen soll - und zwar bewusst und vorsätzlich."



Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler kritisierte, bis jetzt sei der Gesetzesentwurf trotz aller salbungsvollen Worte "die Fortsetzung der alten Einbahnstraße Gorleben mit anderen Mitteln". Einen Parteikonsens gebe es nur in einem Punkt: Das ungeliebte Thema Endlagersuche solle so schnell wie möglich vom Tisch. Die höchstmöglichen Sicherheitskriterien finde man auf diese Weise genauso wenig, wie den bestmöglichen Endlagerstandort.



Am Montag hatten Atomkraftgegner angekündigt, sich mit einer Großdemonstration am Samstag (28. April) in Gorleben in die entscheidende Phase der Verhandlungen über ein Endlager-Suchgesetz einzumischen. Bereits Dienstagnachmittag blockierten nach Angaben der Initiative "Gorleben 365" rund 20 Aktivisten die sechs Tore zum Gorlebener Endlagerbergwerk. Vor dem Berliner Bundesumweltministerium empfingen mehrere Dutzend Demonstranten die Teilnehmer des Spitzengesprächs mit Anti-Atom-Flaggen, Transparenten und dem Lärm von Trillerpfeifen.