Asylverbände fordern Stopp von Sammelabschiebungen nach Afghanistan

"Fehlerhafte Entscheidungen"

Menschenrechtsorganisationen und Asylverbände haben einen sofortigen Stopp der Sammelabschiebungen nach Afghanistan gefordert. Neue Informationen zur gefährlichen Lage in Afghanistan würden nicht berücksichtigt, kritisiert Pro Asyl.

Polizist bei einer Abschiebung / © Sebastian Willnow (dpa)
Polizist bei einer Abschiebung / © Sebastian Willnow ( dpa )

Aus Anlass des für diesen Mittwoch geplanten nächsten Abschiebeflugs kritisierten sie am Dienstag in Berlin schwere Mängel bei Asylverfahren und warnten vor der Gefahrenlage am Hindukusch. "Gewalt, Entführungen, religiöse und ethnische Konflikte sind in Afghanistan allgegenwärtig; wir haben große Sorge, dass diese Menschen in den sicheren Tod abgeschoben werden", sagte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie.

"Schlechtere Sicherheitslage und fehlerhafte Entscheidungen"

Durch fehlerhafte Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) "werden schutzbedürftige Flüchtlinge ausreisepflichtig", beklagte Loheide. Trotz immer schlechterer Sicherheitslage habe das BAMF im laufenden Jahr rund die Hälfte aller Asylanträge von Afghanen abgelehnt, während die Schutzquote im Jahr 2016 noch 60 Prozent und 2015 sogar 78 Prozent betragen habe, so Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Die Organisationen beklagen, dass bei der Prüfung von ablehnenden Bescheiden neue Informationen zur gefährlichen Lage in Afghanistan nicht berücksichtigt würden; dazu gehörten auch die Berichte des UN-Flüchtlingswerks UNHCR. Dies sei aber rechtlich verpflichtend. In Ablehnungsbescheiden werde immer wieder auf mögliche inländische Fluchtalternativen verwiesen. Tatsächlich habe sich der bewaffnete Konflikt aber mittlerweile über die ursprünglichen Kampfgebiete hinaus ausgeweitet.

"Kampfhandlungen, Anschläge und Verfolgung"

Menschen könnten überall in Afghanistan Opfer von Kampfhandlungen, Anschlägen und Verfolgung werden. Der geflohene afghanische Journalist Ramin Mohabal berichtete, dass Männer wegen der Taliban nur noch mit Bart und traditioneller Kleidung reisen könnten. Für abgeschobene Asylbewerber könne schon der mutmaßliche Kontakt zu Christen schlimmste Folgen haben. Ferner würden Rückkehrer oft Opfer von Kidnappern, weil bei ihnen Geld vermutet werde.

Die Verbände wiesen darauf hin, dass auch das UNHCR eine Unterscheidung von "sicheren" und "unsicheren" Gebieten ablehne. Wegen des bewaffneten Konflikts habe sich die Zahl der Binnenvertriebenen in den vergangenen drei Jahren fast verdoppelt und liege nun bei 1,4 Millionen. Zu den Unterzeichnern gehören Amnesty International, die Arbeiterwohlfahrt, der Paritätische Gesamtverband, die Diakonie Deutschland, der Jesuiten-Flüchtlingsdienst sowie Pro Asyl.


Quelle:
KNA