Astrid Lindgren wäre heute 100 geworden

"Liebe kleine Krummelus, niemals will ich werden gruss"

Der achtjährige Ole aus Bullerbü hat vermutlich unzähligen Kindern als Vorbild für kreatives Milchzahnziehen gedient. Ebenso viele mag Michel aus Lönneberga davon abgehalten haben, einen Kochtopf über den Kopf zu ziehen. Und vermutlich hat sich auch fast jedes Kind einmal gewünscht, wie Pippi Langstrumpf 18 Kilogramm Karamellbonbons zu kaufen. Die Mutter all dieser kindlichen Helden ist die Schriftstellerin Astrid Lindgren. Am 14. November hätte die berühmte Schwedin ihren 100. Geburtstag gefeiert.

 (DR)

Im Oetinger Verlag ist anlässlich des Jubiläums gerade eine limitierte Jubiläumsedition mit zwölf Bänden erschienen. Enthalten sind alle Klassiker wie "Karlsson vom Dach", "Kalle Blomquist", "Pippi Langstrumpf", "Ferien auf Saltkrokan", "Madita" und "Ronja Räubertochter". Bereits erschienen ist auch das Buch "Astrid Lindgren. Bilder ihres Lebens", welches viele bislang
unveröffentlichte Fotografien der Autorin zeigt.

Lindgren-Jubiläum wird bundesweit gefeiert
Die ARD und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels feiern mit
einer Radionacht für Kinder am 16. November ein Astrid-Lindgren-Geburtstagsfest. Von 20.05 Uhr bis 1.00 Uhr strahlen neun ARD-Radiosender nur Lesungen, Hörspiele und Reportagen rund um Astrid Lindgrens Kinderbuch-Helden aus. Auch Buchhandlungen stellen bundesweit Veranstaltungen rund um das Jubiläum auf die Beine.

Das Mädchen, das sie berühmt machte
"Liebe kleine Krummelus, niemals will ich werden gruss" - wer kennt sie nicht, die Abenteuer von Pippilotta Victualia Rollgardina Pfefferminza Ephraimstochter Langstrumpf. Sie wurden verfilmt und zu einer Fernsehserie verarbeitet - und machten ihre Erfinderin berühmt.
Dabie hatte die Schwedin nie geplant, ein Buch zu schreiben. Doch mit 37 Jahren und als Mutter zweier Kinder überlegte sie es sich anders. Heraus kamen 1944 "Britt-Mari erleichtert ihr Herz" und schließlich Pippi Langstrumpf im Jahr 1945.

Von Krieg, Einsamkeit und Abschiednehmen
Geboren wurde die Autorin als Astrid Anna Emilia Lindgren am 14. November 1907 im schwedischen Näs. Auch wenn sie erst spät professionell zur Feder griff, soll ihre schriftstellerische Begabung schon in der Schule erkennbar gewesen sein. Ihre Aufsätze brachten ihr dort den Namen "die Selma Lagerlöf von Vimmerby" ein. Nach der Schule machte sie eine Ausbildung zur Sekretärin und arbeitete später für den größten schwedischen Kinderbuchverlag Rabén & Sjögren, der auch ihre Bücher verlegte. Lindgrens Werke erschienen laut Oetinger Verlag in einer deutschen Gesamtauflage von mehr als 30 Millionen Exemplaren. Weltweit liegt diese Zahl bei rund 145 Millionen. Zudem wurden die Bücher in 92 Sprachen übersetzt.

Lindgren schilderte aber nicht nur eine glückliche und unbeschwerte "Heile-Kinderwelt". Sie griff auch provokante Themen auf, setzte sich mit sozialen Unterschieden und dem Tod von Kindern auseinander. "Mio, mein Mio" oder "Die Brüder Löwenherz" handeln von Gewalt und Krieg, von Einsamkeit und Abschiednehmen. Nebenbei setzte sich die Autorin für den Tierschutz ein und erreichte, dass man in Schweden 1988 das Kupieren bei Hunden verbot.

Aufsehen erregte im Frühjahr 1976 auch ihr Austritt aus der
sozialdemokratischen Partei Schwedens. Lindgren protestierte damit gegen das schwedische Steuersystem. Noch weiter ging die unerschrockene Autorin im September desselben Jahres, als sie zur Abwahl der seit 40 Jahren regierenden Sozialdemokraten aufrief und der Partei in einem offenen Brief Machtgier vorwarf.

Kampf für die Rechte von Kindern
Erst mit 85 Jahren entschied sich Lindgren, kürzer zu treten. 1992 kündigte die fast erblindete Schriftstellerin an, keine Bücher mehr zu schreiben und "sich auszuruhen". Zwei Jahre später bekam sie für ihren "lebenslangen Kampf für die Rechte von Kindern" den Ehrenpreis des Alternativen Nobelpreises. Dies war indes nur eine von vielen Auszeichnungen. So erhielt Lindgren 1965 den Schwedischen Staatspreis für Literatur, 1978 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels und 1993 den Internationalen Buchpreis der UNESCO.

Astrid Lindgren hatte einen Sohn und eine Tochter und war vielfache Großmutter. Ihr Mann Sture Lindgren, mit dem sie seit 1931 verheiratet war, starb bereits 1952.