Das Bundessozialgericht hatte am Dienstag in Kassel die Hartz-IV-Regelleistungen für Kinder bis 14 Jahre für verfassungswidrig erklärt. Die gesetzlichen Regelungen verletzten den im Grundgesetz festgeschriebenen Gleichheitsgrundsatz, die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip. Zugleich legte es die Vorschriften im Sozialgesetzbuch II über die Regelsatzhöhe für Kinder dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Prüfung vor.
Gern sagte, «arme Kinder sind jetzt arm. Sie brauchen jetzt eine gesunde Ernährung, Schuhe, ausreichende Lernmittel und ein bezahlbares Mittagessen in der Schule. Deshalb muss die Bundesregierung sofort mit der Überprüfung der Regelsätze für Kinder beginnen.»
Das Diakonische Werk Hamburg sprach sich ebenfalls für deutlich höhere Hartz IV-Regelsätze für Kinder aus. Notwendig sei eine durchgreifende Reform, damit die Regelsätze auf eine sichere transparente Berechnungsgrundlage gestellt werden, sagte Diakonie-Chefin Annegrethe Stoltenberg in der Hansestadt. Um Kinderarmut zu verhindern, dürfe beispielsweise das Kindergeld nicht wie bisher mit den Regelsätzen verrechnet werden.
Ähnlich argumentierte das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Die Höhe der Hartz-IV-Leistungen sollte nicht nach dem Lebensalter, sondern nach der Anzahl der Haushaltsangehörigen gestaffelt werden. Es erschließt sich nicht, warum ein allein erziehendes Elternteil mit einem Kind von sieben Jahren einen geringeren Bedarf hat, als ein kinderloses Ehepaar", so Diakoniedirektorin Susanne Kahl-Passoth. Auf jeden Fall müssten die Regelsätze für Kinder erhöht werden und sich an dem tatsächlichen Bedarf nachweisbar orientieren.
Hartz-IV-Familien haben nach Ansicht des Sozialverbandes VdK gute Chancen, höhere Regelleistungen für ihre Kinder zu erhalten. Wenn das Bundesverfassungsgericht die Regelsätze rückwirkend als zu niedrig einstufe, seien Nachzahlungen möglich, sagte Verbandspräsidentin Ulrike Mascher. Sofern die Widerspruchsfristen abgelaufen seien, könne bei den für Hartz IV-Empfängern zuständigen Behörden eine Überprüfung beantragt werden. Musterschreiben stelle der VdK im Internet abrufbar bereit.
Armutskonferenz: Hartz-IV-Leistungen für Kinder sofort erhöhen
Arme Kinder können nicht warten
Die Nationale Armutskonferenz hat die sofortige Erhöhung der Hartz-IV-Leistungen für Kinder gefordert. Die Bundesregierung dürfe nicht darauf warten, dass das Bundesverfassungsgericht nach zehn Monaten eine Entscheidung treffe, die dann vielleicht noch dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist von zwei Jahren gebe, erklärte Sprecher Wolfgang Gern am Mittwoch in Frankfurt am Main.
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