Argentinien gegen Deutschland brachte Abwechslung in das Krisengebiet

Fußball-WM im Gazastreifen

Als am Samstag in Kapstadt Argentinien und Deutschland zum WM-Viertelfinale antraten, schauten auch im Gazastreifen die Menschen gespannt zu - zumindest in der dortigen katholischen Pfarrei. Die Fußball-WM bedeutet für die Menschen im Gazastreifen etwas Abwechslung vom schwierigen Alltag voller Sorgen, Anspannung, Mühsal und Langeweile.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
 (DR)

Priester Guillermo Fabrega (35) drückte als Argentinier natürlich vor dem Bildschirm im Pfarrsaal seiner Mannschaft die Daumen. Dagegen gruppierten sich um Pfarrsekretär George Antone (30) die Deutschland-Fans. "Traditionell sind die meisten Gazaer Brasilien-Fans", erklärt George, der zu den 60 Prozent Arbeitslosen in dem Krisengebiet gehört und sich die meiste Zeit des Tages ehrenamtlich für die Pfarrei engagiert.

Vor den ständigen Stromausfällen im Gazastreifen schützt ein Generator der Pfarrei. Am Samstag gewährleistet er ein ununterbrochenes Fußballvergnügen. Den Rest des Jahres ist die Maschine bei zuletzt rund 16 Stunden ohne Strom am Tag schon deshalb notwendig, um regelmäßig Wasser in die Container der umliegenden Gebäude zu pumpen: Pfarrhaus, Behinderten- und Altersheim der Mutter-Teresa-Schwestern, Grundschule des Patriarchats. "In den Familien haben nur wenige diesen Luxus", sagt Fabrega.

"Nie weiß man, was morgen passiert"
Der Argentinier, den alle "abouna (unser Vater) Elias" nennen, lebt seit einem Jahr in Gaza-Stadt. Zusammen mit seinem Landsmann Jorge Hernandez betreut er im Auftrag des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem die knapp 300 Katholiken in dem Küstenstreifen. Die beiden jungen Priester gehören zur argentinischen Gemeinschaft "Verbo Encarnado" (fleischgewordenes Wort), der die Evangelisierung ein besonderes Anliegen ist. Während Hernandez für zwei Wochen auf Heimaturlaub ist, hält "abouna Elias" die Stellung.

Für die Argentinier ist Gaza eine echte Herausforderung. Zwar haben beide Nahost-Erfahrung und sprechen Arabisch, aber der weitgehend abgeriegelte, von der Hamas kontrollierte Küstenstreifen ist doch eine Welt für sich: "Diese ständige Unsicherheit - nie weiß man, was morgen passiert", beschreibt Fabrega die Situation. "Die Leute leiden sehr darunter, dass sie das Gebiet nicht verlassen können. Sie leben in einem großen Gefängnis, in dem viel Armut herrscht und wo ständig Krieg ausbrechen kann."

Hinzu komme für die insgesamt knapp 2.500 Christen eine wachsende Feindseligkeit der muslimischen Umwelt, meint der Priester: "Da ist ein ständiger Druck, zum Islam zu konvertieren." So sei einer katholischen Familie vor kurzem von den Behörden das Geschäft geschlossen worden - "nur weil sie Christen sind". Innerhalb der Pfarreien werde den Christen zwar bisher Freiraum gewährt, aber jeglicher Verdacht, man wolle Muslime bekehren, sei lebensgefährlich.

Nachwuchs im Mittelpunkt
Die beiden Missionare konzentrieren sich daher auf soziale und karitative Aktivitäten, die in muslimischen Gebieten grundsätzlich hohes Ansehen genießen. So gilt die Schule des Patriarchats, die Hernandez leitet, als eine der besten in Gaza. Auch der örtlichen Caritas steht der Pfarrer vor. Sein Mitstreiter Fabrega wiederum hat drei behinderte muslimische Jugendliche in seine Obhut genommen.

Ganz besonders widmen die beiden jungen Priester sich dem Nachwuchs der Pfarrei: Mehr als 100 katholische und orthodoxe Kinder und Jugendliche versammeln sich immer freitags und samstags auf einem Schulhof oder in der Kirche; zu Ausflügen, Spielen oder Gesang. Diesen Samstag wurde es besonders laut.