Anti-Gesichts-Verhüllungsgesetz in Österreich in Kraft

Schleierhafte Regelung?

Seit Sonntag ist es in Österreich verboten, sein Gesicht zu verhüllen - das gilt für Burka-Trägerinnen wie für Menschen mit Clownsmasken. Ein Verbot, das an der Realität vorbeigeht, wie der Chefredakteur von Radio Stephansdom meint.

Burka-Trägerin / © Salvatore Di Nolfi (dpa)
Burka-Trägerin / © Salvatore Di Nolfi ( dpa )

domradio.de: Wie weit geht denn dieses sogenannte "Burkaverbot" in Österreich? Was genau ist damit gemeint?

Christoph Wellner (Chefredakteur von Radio Stephansdom Wien): Das "Burkaverbot" heißt offiziell "Anti-Gesichts-Verhüllungsgesetz" und ist seit gestern in Kraft. Und es bedeutet, dass das Gesicht erkennbar bleiben muss. Also man darf keine Vollverschleierung vornehmen und auch bei teilweiser Verschleierung müssen Mund, Nase und Augen erkennbar bleiben. Das heißt, das sogenannte Hidschab wäre erlaubt, ein Tschador oder eine Burka ist verboten, weil man dort nichts sieht.

Aber auch die Clownsmaske, die ist jetzt untertags in Wien verboten. Im Karneval, im Fasching, da würde es als Ausnahme durchgehen. Denn laut Gesetz sind Maskierungen bei Brauchtumsveranstaltungen erlaubt. Ebenso übrigens aus medizinischen Gründen wenn man an die Gesichtsmaske denkt, die sehr viel von Asiaten getragen wird. Auch im Winter kann man sich mit Schal verhüllen, um der Kälte entgegen zu treten.

domradio.de: Ein Schleier, wie Klosterfrauen ihn tragen, ist ja dann auch nicht betroffen, weil da ja das Gesicht auch frei ist.

Wellner: Genau, der ist nicht betroffen, weil hier das Gesicht voll und ganz zu sehen ist.

domradio.de: Wie wird dieses Verbot in der österreichischen Bevölkerung aufgenommen?

Wellner: Die meisten, so glaube ich, sehen das als einen übertriebenen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Ich glaube sehr wohl, dass ein Grundkonsens da ist, dass man in einem persönlichen Umgang miteinander - wie beispielsweise auf einem Amt - natürlich komplett erkennbar sein muss. Die momentane Realität in Wien sieht so aus, dass es nur ganz, ganz wenige vollverschleierte in der Hauptstadt ansässige Frauen gibt und auch kaum Touristinnen, die vollverschleiert in der Innenstadt herumgehen.

Nun hat sich seit gestern die offizielle Gesetzeslage geändert. Ich zitiere aus einer österreichischen Tageszeitung, dass es bis gestern am Abend am Flughafen in Wien zu keinerlei Abmahnungen gekommen ist. Einzig, es hat eine Protestorganisation, eine Protestdemonstration in der Innenstadt gegeben. Da wurden Clowns abgemahnt.

domradio.de: Hat sich denn die katholische Kirche in dieser Frage positioniert?

Wellner: Seit gestern, seit Inkrafttreten des Gesetzes, ist mir nichts bekannt. Aber es hat zu Beginn des Jahres bei der Frühjahressession der österreichischen Bischöfe ein Statement gegeben, das besagt, man lebe in einer Kultur des offenen Gesichts, die nicht zuletzt in diesem Punkt auch christlich geprägt sei. Vollverschleierung im öffentlichen Raum sei daher ein gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten. Das war ein Statement der Bischofskonferenz. 

Das Interview führte Heike Sicconi.

Gesichtsverschleierung

Das Kopftuch von Musliminnen gehört zu den meistdiskutierten Symbolen islamischen Glaubens. Für die einen ist es Zeichen der Unterdrückung der Frau im Islam, für die anderen Ausdruck der Religionsfreiheit und der weiblichen Selbstbestimmung. Hinter der Bezeichnung "Kopftuch" verbergen sich unterschiedliche Formen von Überwürfen. Der "Dschilbab" ähnelt am ehesten dem europäischen Kopftuch; er wird als Überwurf über Kopf, Schultern und Brust getragen. Der "Nikab" ist ein Gesichtstuch mit einem Schlitz für die Augen.

Frau mit Kopftuch / © Harald Oppitz (KNA)
Frau mit Kopftuch / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR