Kardinal-Höffner-Kreis feiert 25-jähriges Bestehen

Anliegen aktueller denn je

Nach dem früheren Kölner Kardinal Joseph Höffner ist ein lockerer Zusammenschluss von Parlamentariern benannt, der in diesen Tagen 25-jähriges Bestehen feiert. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt die Nahtstelle zwischen Politik und Kirche.

Autor/in:
Christoph Scholz
Dem Deutschen Volke - und allen Menschen: Berliner Reichstag / © Maurizio Gambarini (dpa)
Dem Deutschen Volke - und allen Menschen: Berliner Reichstag / © Maurizio Gambarini ( dpa )

Eine genaue Geburtsstunde für den Kardinal-Höffner-Kreis ist offenbar schwer zu bestimmen, auch wenn er am 16. Januar 2019 sein 25-jähriges Jubiläum feierte. Die Idee zum Zusammenschluss katholischer Bundestagsabgeordneter aus der Unionsfraktion entstand jedenfalls bereits 1991, erinnert sich der ehemalige CDU-Parlamentarier Norbert Geis.

Anlass war der Beschluss des Bundestags, seinen Sitz von Bonn nach Berlin zu verlegen. "Wir fragten uns, wie wir im wiedervereinigten Deutschland, das nicht mehr so stark von der Kirche geprägt war, dem katholischen Element in der Politik weiter Gewicht verleihen könnten", sagt Geis auf Anfrage.

Diskussion christlicher Themen im geschützten Rahmen 

Diesem Anliegen ist der Kreis bis heute treu geblieben, so Christian Hirte (CDU). Der Parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretär leitet das Gremium, das sich in unregelmäßigen Abständen in der Parlamentarischen Gesellschaft gegenüber dem Reichstagsgebäude trifft. Man wolle Themen der christlichen Gesellschaftslehre und christliche Wertvorstellungen "in einem geschützten Rahmen offen diskutieren", sich vertieft informieren und abstimmen, so Hirte.

Der Zirkel hat zwar nicht den Status eines Arbeitskreises in der CDU, kann aber als Interessen-Netzwerk durchaus Einfluss auf die politische Meinungsbildung in der Faktion haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte wohl nicht zufällig erstmals bei einem vertraulichen Treffen mit dem Kreis ihr Ansinnen, die "Ehe für alle" zu einer Gewissensfrage im Parlament zu erklären.

Anregung von Kardinal Meisner

Die Benennung nach dem Theologen und christlichen Sozialwissenschaftler Kardinal Joseph Höffner geht laut Geis auf eine Anregung von Kardinal Joachim Meisner zurück, dem Nachfolger als Kölner Erzbischof. Mit Bernhard Worms, damals Staatssekretär unter Bundesarbeitsminister Norbert Blüm, sammelte Geis eine Schar Gleichgesinnter in der Fraktion. Sie trugen Meisner ihr Anliegen vor. Er gab seinen Segen - ebenso wie CDU-Chef Helmut Kohl.

"Kohl war darauf bedacht, dass die Partei inhaltlich nicht austrocknet", so Blüm. "Wir spürten, dass die Verbindung zwischen den Kirchen und der CDU unverkennbar Risse bekam", besonders "bei der Umsetzung der katholischen Soziallehre".

Der Kreis tauscht sich auch über weitere Themen aus, wie Bioethik oder das Lebensrecht; derzeit etwa der Umgang mit dem Paragrafen 219a. Im Streit um die Schwangerschaftskonfliktberatung entwickelte sich der Höffner-Kreis unter Georg Brunnhuber (1994 bis 2009) zur einem eher konservativ-katholischen Widerlager gegen eine liberale Mehrheitsmeinung und "Donum Vitae".

"Bandbreite des Katholizismus"

Sein Nachfolger Hermann Kues förderte dann eine liberale Ausrichtung, der es darum ging, Kirchenvertretern und Politik ein Gesprächsforum zu bieten. Nach Hirtes Überzeugung sollte im Höffner-Kreis "die ganze Bandbreite des Katholizismus" zu Wort kommen.

Im Gegensatz zum Evangelischen Arbeitskreis in der CDU (EAK) hält er bewusst an dem "eher lockeren Zusammenschluss" fest und legt zugleich Wert auf ökumenische Offenheit. So gehören evangelische Abgeordnete wie der ehemalige Fraktionsvorsitzende Volker Kauder, der religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Hermann Gröhe oder Michael Brand zu den regelmäßigen Gästen.

Spannungen gab es immer mal wieder um den Teilnehmerkreis. Eine großzügige Einladungspolitik auch an Katholiken aus dem parlamentarischen Umfeld führte zu einem Rückzug von Abgeordneten. Kues' Nachfolger Karl Schiewerling entschied sich deshalb für unterschiedliche Formate: mal offener mal exklusiver. Daran will auch Hirte festhalten, wie er sagt.

In dieser Legislaturperiode hat sich der Kreis bereits mehrmals im engeren Format getroffen - mit Bischöfen und Vertretern katholischer Verbände. Ein Teil von ihnen ist ohnehin ständig vertreten: durch die Abgeordneten Mechthild Heil, die auch Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands ist, der Entwicklungsstaatssekretärin Maria Flachsbarth als Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbunds und der Vorsitzenden des Kolpingverbands, Ursula Groden-Kranich. Zur 25-Jahrfeier sind aber wieder alle eingeladen.

Anliegen des Höffner-Kreises "aktueller denn je"

Jetzt, 25 Jahre nach der Gründung, ist das Anliegen des Kardinal-Höffner-Kreises nach Einschätzung seines Vorsitzenden Christian Hirte "vermutlich sogar aktueller denn je". Die Prägekraft des Christentums habe abgenommen, sagte Hirte im Interview des Portals katholisch.de. Zugleich sei Deutschland heute "multireligiöser geprägt als noch vor zwei Jahrzehnten. Das zeigt sich auch in der Politik und in der Zusammensetzung des Bundestags."

Es gehe jedoch nicht darum, "das Katholische wie eine Monstranz vor uns herzutragen", betonte Hirte. "Im Gegenteil: Wir pflegen eine gute ökumenische Zusammenarbeit und haben regelmäßig evangelische Christen bei uns zu Gast". Bei "wesentlichen Fragen", etwa aus dem Bereich der Bioethik oder des Lebensrechts, sei es wichtig, "in großer ökumenischer Übereinstimmung christliche Positionen in den politischen Diskurs einzubringen".


Christian Hirte, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Kardinal-Höffner-Kreises  in der Unions-Bundestagsfraktion / © Wolfgang Kumm (dpa)
Christian Hirte, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Kardinal-Höffner-Kreises in der Unions-Bundestagsfraktion / © Wolfgang Kumm ( dpa )

Norbert Geis (CSU) (KNA)
Norbert Geis (CSU) / ( KNA )

Joseph Kardinal Höffner / © Ernst Herb (KNA)
Joseph Kardinal Höffner / © Ernst Herb ( KNA )
Quelle:
KNA
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