Anglikanischer Domkapitular freut sich auf Königskrönung

"Im christlichen Sinne Sakramentalie"

König Charles III. wird am Samstag gekrönt. Erstmals seit der Reformation werden auch wieder römisch-katholische Bischöfe anwesend sein. Johannes Arens erklärt die Zeremonie und sieht Parallelen zum Kölschen Karneval.

König Charles III. / © Jacob King (dpa)
König Charles III. / © Jacob King ( dpa )

DOMRADIO.DE: Gestern Abend gab es einen Vorfall vor dem Buckingham Palace. Normalerweise vermutlich nur eine Randnotiz, wenn da nicht das große Krönungsereignis in drei Tagen wäre. Was weiß man über diesen Vorfall? 

Johannes Arens, Hochschulpfarrer und Domkapitular an der anglikanischen Kathedrale in Leicester (DR)
Johannes Arens, Hochschulpfarrer und Domkapitular an der anglikanischen Kathedrale in Leicester / ( DR )

Johannes Arens (Anglikanischer Domkapitular aus Leicester): Ich habe heute Morgen kurz in die Nachrichten geguckt. Was da jetzt genau war, weiß ich nicht, aber irgendwas musste musste gesprengt werden, weil sie nicht genau wussten, was drin war. Im Moment ist die ganze Gegend um Buckingham Palace schon abgesperrt. Ich bin heute Abend zufälligerweise da und werde mir das mal aus Neugierde angucken. London ist seit einigen Tagen voll. Man kriegt schon seit Wochen keine Hotelzimmer mehr. Und das ist natürlich auch ein riesiges touristisches Ereignis. 

DOMRADIO.DE: Lassen Sie uns über diesen Vorgang der Krönung sprechen. Charles ist ja schon seit einem dreiviertel Jahr König, ohne eine Krone tragen zu dürfen oder wie? 

Johannes Arens (Anglikanischer Domkapitular aus Leicester)

"Da hängen jede Menge schöner Dinge dran, die die Sache viel weniger langweilig machen als die Einsetzung eines Bundespräsidenten."

Arens: Die Krönung eines Königs ist im christlichen Sinne Sakramentalie, also eine Segnung mit ausdeutenden Riten, wie zum Beispiel die Salbung eines Königs. Das ist ja auch in unserem christlichen Taufritus drin, weil wir die königliche Salbung als Bürger des Himmels in der Taufe empfangen. Die Krönung ist eine Segnung mit jahrhundertealten Riten, wie zum Beispiel, dass Charles auf einem speziellen Stein sitzt, auf dem die Könige Schottlands sitzen.

Das ist ein christlicher Gottesdienst, aber natürlich hängt da auch ganz viel dran – die Engländer nennen das "Pomp and Circumstance". Da hängen jede Menge schöner Dinge dran, die die Sache viel weniger langweilig machen als die Einsetzung eines Bundespräsidenten. Und das ist, glaube ich, eine gute Sache. 

DOMRADIO.DE: Charles ist weltliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche. Der katholische Erzbischof Nichols wird dann am Ende der Krönung einen Segen über Charles aussprechen und ist damit auch gar nicht alleine. Es gibt ja mehrere Religionen. 

Johannes Arens (Anglikanischer Domkapitular aus Leicester)

"Seit der letzten Krönung, die ja schon eine Weile her ist, 1952, hat sich das Verhältnis der Kirchen untereinander und auch zu den anderen Religionsgemeinschaften doch sehr stark verändert."

Arens: Das ist genau das gleiche wie bei der Beerdigung seiner Mutter. Seit der letzten Krönung, die ja schon eine Weile her ist, 1952, hat sich das Verhältnis der Kirchen untereinander und auch zu den anderen Religionsgemeinschaften doch sehr stark verändert. Auch die britische Bevölkerung ist eine ganz andere als in den fünfziger Jahren.

Das heißt, wie schon bei der Beerdigung hat es eine ökumenische Relevanz und Vertreter verschiedener christlicher Kirchen spielen eine Rolle und Vertreter verschiedener anderer Religionsgemeinschaften sind anwesend und repräsentiert und auch Teil dieser Prozession. Es sind Unmengen Prozessionen in Westminster Abbey und auch außerhalb. Wie viele andere werde ich mir das im Fernsehen angucken. 

Staatsbegräbnis für Queen Elizabeth II. / © Ben Birchall (dpa)
Staatsbegräbnis für Queen Elizabeth II. / © Ben Birchall ( dpa )

DOMRADIO.DE: Charles wird auch noch vor dem Krönungseid versprechen, alle Religionen zu beschützen. Ist das auch neu? 

Arens: Nein, da hat sich nichts geändert. Das geht zurück auf Heinrich VIII., der vom Papst aufgrund seiner äußerst intoleranten Haltung gegenüber Protestanten den Titel "Verteidiger des Glaubens" zugesprochen bekam, den seitdem alle britischen Könige tragen. Und Charles trägt ihn weiterhin selbst. Dieser Titel ist einer der vielen Titel der britischen Monarchen, "Verteidiger des Glaubens". 

DOMRADIO.DE: Im Fernsehen wollen Sie die Krönung verfolgen. Ist das wie ein Fußballspiel, ein Unterhaltungsprogramm oder ist das Pflichtprogramm für einen anglikanischen Domkapitular? 

Der damalige Prinz Charles von Großbritannien sitzt zur Eröffnung des Parlaments im House of Lords am 10.05.2022 neben der Imperial State Crown. / © Ben Stansall/PA Wire (dpa)
Der damalige Prinz Charles von Großbritannien sitzt zur Eröffnung des Parlaments im House of Lords am 10.05.2022 neben der Imperial State Crown. / © Ben Stansall/PA Wire ( dpa )

Arens: Ich habe damit glücklicherweise nichts zu tun, weil das in Westminster Abbey stattfindet und nicht in meiner Pfarrkirche. Nichtsdestoweniger habe ich den Gottesdienst ausgedruckt. Der ist nämlich als PDF im Internet und ich hatte das wegen meines Jobs hier an der Uni in Leicester auch vorher schon gesehen. Dort hängt so ein riesiger Bildschirm, wo die Krönung laufen wird und da wird sich wahrscheinlich eine Gruppe treffen und gemeinsam zuschauen.

Was deutlich wird an dieser Krönung: Politik ist häufig langweilig für die Leute. Aber das hier ist weniger langweilig, weil das was mit Kostümen zu tun hat, mit Umzügen, es ist so ein bisschen wie Kölscher Karneval, vermischt mit Politik. Und es ist eine Entschuldigung, eine Party zu feiern. Das brauchen wir hier dringend im Moment. Wir haben nicht genug Partys, allen Leuten geht es nicht besonders gut. Es ist schön, dass man da so eine Ausrede hat.

Das Interview führt Tobias Fricke.

Quelle:
DR