Angespannte Stimmung nach Präsidentenwahl in Sierra Leone

Leergefegte Straßen nach freien Wahlen

Zum ersten Mal seit Beendigung des Bürgerkriegs vor fünf Jahren fanden am Samstag in Sierra Leone Präsidentschaftswahlen statt. Nach ersten Auszählungen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem amtierenden Vizepräsidenten und seinem Herausforderer ab. Das endgültige Ergebnis wird für Ende der Woche erwartet. Die Spannung ist groß: In dem westafrikanischen Land könnte es erneut zu Gewalt kommen.

 (DR)

"Die Leute haben Angst"
Der deutsche Wahlbeobachter Heiko Meinhardt sagte im epd-Gespräch: "Die Straßen in Freetown sind wie leer gefegt, die Leute haben Angst vor möglichen Ausschreitungen", so Meinhardt, der für den Evangelischen Entwicklungsdienst in der Hauptstadt Freetown ist.

Besonders werde befürchtet, dass der Spitzenreiter den für 6. September vorgesehenen zweiten Wahlgang nicht akzeptiere und versuchen könnte, die Macht vom scheidenden Präsidenten Tejan Kabbah mit Gewalt zu übernehmen. Sierra Leones Wahlgesetz sieht vor, dass ein Kandidat mehr als 55 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen muss, um im ersten Wahlgang zum Präsidenten gewählt zu werden.

Einer der ärmsten Staaten der Welt
Insgesamt waren bei der Wahl am Samstag, der ersten in Eigenregie der Regierung nach mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg, sieben Kandidaten angetreten. Die Auszählung beschrieb Meinhardt als geordnet und friedlich. "In meinem Wahllokal im Armenviertel Aberdeen wurde im Schein von Kerosinlampen bis halb neun Uhr abends ausgezählt." Zwar habe es einige umstrittene Stimmzettel gegeben. "Aber zum Schluss haben die Vertreter aller Parteien das Ergebnis akzeptiert und gegengezeichnet."

Der inoffiziellen Auszählung zufolge lag Koromas Volkskongresspartei mit fast 46 Prozent deutlich vor der zweitplatzierten regierenden sierra-leonischen Volkspartei. Erste offizielle Ergebnisse wurden am Abend erwartet. Im Bürgerkrieg in Sierra Leone waren zwischen 1991 und 2002 mehr als 50.000 Menschen ums Leben gekommen. Das westafrikanische Land ist trotz seiner reichen Rohstoffvorkommen einer der ärmsten Staaten der Welt. Die Korruption ist weit verbreitet.