Amnesty beklagt Menschenrechtsverstöße im "Kampf gegen den Terror" - Vorwürfe auch gegen Deutschland

Menschen ohne Rechte

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wird 60 Jahre
alt und seit 1948 haben sich die Menschenrechte zu völkerrechtlich verbindlichen Prinzipien weiterentwickelt. Der aktuelle Jahresbericht von Amnesty International (AI) zeigt: Viele Staaten kümmern sich nicht darum. 2007 hat Amnesty in 81 Staaten Fälle von Folter oder entwürdigender und unmenschlicher Behandlung dokumentiert. In 45 Staaten saßen Menschen allein aus politischen Gründen in Haft. In 24 Staaten wurden mindestens 1.252 Menschen hingerichtet. Die Presse- und Meinungsfreiheit wurde in mindestens 77 Staaten verletzt. In mindestens 23 Staaten galten Gesetze, die Frauen diskriminieren. 54 Staaten führten unfaire Gerichtsverfahren durch.

 (DR)

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat die menschenrechtswidrigen Methoden vieler Regierungen im "Kampf gegen den Terror" verurteilt. Zwar habe es seit der Verabschiedung des Grundrechtekatalogs im Jahre 1948 durch die UN-Mitgliedsstaaten eine «eindrucksvolle Entwicklung» beim Aufbau von Institutionen zum Schutz der Menschenrechtssituation gegeben, sagte die Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Barbara Lochbihler, bei der Vorstellung des aktuellen AI-Reports in Berlin. «Doch was proklamiert wurde, ist noch lange nicht realisiert», betonte Lochbihler.

Die Herausforderung bestehe nun darin, die «große Lücke zu schließen zwischen den Versprechen und dem Verhalten von Regierungen und nichtstaatlichen Institutionen». Der diesjährige «Report zur weltweiten Lage der Menschenrechte» prangere besonders «offene Menschenrechtsverletzungen» im weltweiten Anti-Terror-Kampf wie Verschleppungsflüge oder das vom US-Geheimdienst CIA praktizierte «Waterboarding» an. Es bedürfe dringend verbindlicher Richtlinien für Geheimdienstmitarbeiter, betonte Lochbihler.

Mit Blick auf China konstatierte Lochbihler eine Verschlimmerung der Menschenrechtssituation vor den Olympischen Spielen. Lochbihler forderte die europäischen Regierungen auf, Druck auf China auszuüben, damit das Land seine «Politik der harten Hand» beende. Die Menschen in China müssten unter anderem die Möglichkeit erhalten, «ihre Anliegen gegenüber ausländischen Journalisten darzustellen, ohne bedroht oder bestraft zu werden.»

Auch die Entwicklung in Russland sehe die Menschenrechtsorganisation mit Sorge. Lochbihler appellierte an den russischen Staatschef Dmitri Medwedew, «Meinungs- und Pressefreiheit uneingeschränkt zu garantieren.»

Zur Ankündigung der Bundesregierung, verfolgte Christen aus dem Irak aufnehmen zu wollen, sagte Lochbihler, dies könne «nur ein Anfang sein». Die Menschenrechtsorganisation fordere darüberhinaus ein jährliches Aufnahmeprogramm für alle irakischen Flüchtlinge.

Deutschland: Amnesty International bemängelt Aufklärung von Todesfällen
In Deutschland kritisiert Amnesty International die Aufklärung von tödlichem Gewaltmissbrauch durch Polizisten. «Wenn Menschen zu Tode kommen, dann muss das besser aufgeklärt werden», sagte Lochbihler. «Dazu muss es Ausschüsse geben, in denen auch Nicht-Polizisten sitzen. Das fordern übrigens nicht nur wir, sondern auch die Vereinten Nationen», so Lochbihler weiter.

Lochbihler bezog sich dabei auf einen Todesfall in Dessau und zwei Todesfälle in Hagen. Nachdem ein Mann aus Sierra Leone im Polizeigewahrsam in Dessau verbrannt war, beklagt Lochbihler: «Das Strafverfahren läuft ziemlich schleppend, weil sich keiner der beteiligten Polizisten erinnern kann.» In Hagen waren binnen eines Jahres ein Franzose afrikanischer Herkunft und ein Türke nach Fesselung durch Polizisten gestorben. In diesem Fall kritisiert Lochbihler die Staatsanwaltschaft: «Wir wundern uns, warum die Staatsanwaltschaft mit dem zweiten Fall nicht von selbst an die Öffentlichkeit gegangen ist.»