Am Volkstrauertag gedenkt Deutschland der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft

Mahnung zum Frieden

In einer zentralen Gedenkstunde haben der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und führende Bundespolitiker am Volkstrauertag der Toten von Krieg Gewaltherrschaft gedacht. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, rief angesichts von 60 Millionen Toten im Zweiten Weltkrieg zum tätigen Einsatz für den Frieden in Europa auf. Bundespräsident Christian Wulff sprach das traditionelle Totengedenken.

 (DR)

Frieden sei nicht selbstverständlich in Europa, sagte Steinmeier in seiner Gedenkrede. An dem "großen europäischen Versöhnungswerk", einer "historisch fast beispiellosen" Leistung, müsse weiter gearbeitet werden. Mit Sorge sehe er nationalistische Stimmungen wachsen, in einigen Regionen würden kulturelle Minderheiten eingeschüchtert und unterdrückt. Daher gelte es, wachsam zu bleiben und die Stimme zu erheben. Rassismus, Nationalismus und totalitäre Ideologien dürften nie wieder eine Chance erhalten.



Steinmeier wie auch der Präsident der Kriegsgräberfürsorge, Reinhard Führer, schlossen in ihr Gedenken die sieben in diesem Jahr in Afghanistan gefallenen Soldaten der Bundeswehr ein. Die Spitze der Bundeswehr sowie Angehörige der getöteten Soldaten nahmen auch an der Feierstunde teil.



NPD-Verbot gefordert

Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, forderte in München ein neues NPD-Verbot. Alle juristischen Möglichkeiten müssten ausgelotet werden, "um die Verherrlichung des Nationalsozialismus auf unseren Straßen zu verhindern", sagte Knobloch am Volkstrauertag vor dem Hintergrund rechtsextremischer Aufmärsche.



Bei der Gedenkfeier mit Kranzniederlegung für jüdische Soldaten, die im Ersten Weltkrieg für Deutschland gefallen sind, dankte Knobloch zudem der Bundeswehr für ihren Einsatz im Ausland. Die Anstrengungen der Soldaten für Frieden und Sicherheit in vielen Einsatzgebieten der Welt verdiene Respekt und Anerkennung. Sie vermisse daher den demonstrativen Rückhalt in der breiten Bevölkerung.



Die Rolle deutscher Soldaten bei Auslandseinsätzen hob auch Bayerns Innenminister Herrmann bei einer Landesfeier hervor. Er sprach von einem vorbildlichen Einsatz und aufopferungsvollen Dienst für Frieden, Freiheit und Menschenrechte. An die Jugend appellierte er, die Auseinandersetzung mit der schwierigen Geschichte des Dritten Reiches nicht zu scheuen und klar Stellung gegen nationalsozialistisches oder sonstiges extremistisches Gedankengut beziehen.



Einübung des Friedens im persönlichen Alltag

Der Mecklenburger evangelische Bischof Andreas von Maltzahn rief dazu auf, entschlossen die Demokratie zu stärken und weiter zu entwickeln. Überall, wo Menschen "auf dem Altar höherer Zwecke geopfert werden", sei Widerstand geboten, sagte Maltzahn in Schwerin bei einer Gedenkstunde des Landes für die Opfer von Krieg, Gewalt und Diktaturen.



Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, rief zur Einübung des Friedens im persönlichen Alltag aufgerufen. Frieden sei "eine Fertigkeit, ein Handwerk, ja eine Kunst", sagte er am Sonntag in einer Predigt zum Volkstrauertag in der Dresdner Frauenkirche. Es sei die Fähigkeit, "sich auch zu begrenzen, sich zurückzunehmen in den Ansprüchen" - in Ehe und Familie oder auch am Arbeitsplatz. Nicht nur Nationen, sondern auch jeder Einzelne stehe in der Pflicht: "Frieden beginnt bei uns selbst."



Bundesweit fanden traditionell in zahlreichen Städten Gedenkveranstaltungen und Kranzniederlegungen statt. Der Volkstrauertag ist in Deutschland ein staatlicher Gedenktag. Er wird seit 1952 zwei Sonntage vor dem ersten Advent begangen und erinnert an die Kriegstoten und Opfer von Gewaltherrschaft aller Nationen.