Affinitäten und Differenzen zum rechten Spektrum

Frankreichs Katholiken und der Front National

Die Kommunalwahlen in Frankreich am Wochenende zeigen: Die Sozialisten verlieren, die Nationalisten scheinen immer wählbarer für die Franzosen. Wie die Katholiken mit der allgemeinen Unzufriedenheit umgehen, ließ jetzt eine katholische Zeitschrift erfragen.

Marine Le Pen, Präsidentin des Front National in Frankreich (dpa)
Marine Le Pen, Präsidentin des Front National in Frankreich / ( dpa )

Auch die zweite Runde der Kommunalwahlen in Frankreich haben die politischen Trends der vergangenen Monate bekräftigt: die Sozialisten von Staatspräsident Francois Hollande befinden sich im freien Meinungsfall - Reaktion der Wähler auf Reformstau und schlechte Konjunkturwerte. Bei den immer häufigeren Demonstrationen tauchen die historischen Rotmützen der Revolution wieder auf. Auf solchem Nährboden zunehmender öffentlicher Depression gedeihen Politikverdrossenheit und auch extremes Gedankengut. Marine Le Pen und ihre nationalistische Partei, der Front National, ist beim Wähler hoffähig geworden.

Wie rechts sind die Katholiken?

Wie rechts in dieser heiklen gesellschaftlichen Lage die Stimmung unter Frankreichs Katholiken ist, ließ zuletzt die auflagenstarke katholische Zeitschrift "La Vie" erfragen. 7.500 Personen, repräsentativ ausgewählt, darunter 495 regelmäßige katholische Kirchgänger, wurden zum Jahresende interviewt. Das Ergebnis fällt differenziert aus, hat aber doch eine Grundbotschaft: Frankreichs Katholiken liegen zwar tendenziell im Meinungs-Mainstream, sind aber für die rechten Extreme schwerer zu ködern.

So lehnen etwa 66 Prozent der Katholiken die Person Marine Le Pen ab - gegenüber 61 Prozent in der Gesamtgesellschaft. 7 Prozent der Katholiken erklären, dem Front National nahezustehen, wobei diese Zahl gegenüber 2012 (8 Prozent) stabil blieb. Unter den Franzosen insgesamt ist die Partei für 13 Prozent attraktiv.

Eine gewisse Resistenz gegen rechts

Kein katholischer Widerstand also, aber eine gewisse Resistenz. Den Grund dafür sehen die Analysten vor allem in einer Anhänglichkeit der Katholiken an die "klassischen Konservativen". Die Bindung an eine der bürgerlichen Parteien - mit 42 Prozent doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung - bilde eine Art natürlichen Wall gegen rechte Extreme. Allerdings gibt es auch unter den Katholiken deutliche Zeichen für Politikverdrossenheit. 46 Prozent vertrauen "weder den Rechten noch den Linken"; das sind 16 Prozent mehr als noch im Vorjahr. In der Gesamtbevölkerung sagen immerhin bereits 61 Prozent "weder - noch".

41 Prozent halten den Islam für eine "echte Bedrohung"

So weit, so gut. Die Kehrseite der Medaille verbietet freilich eine katholische Apologetik. Die Befrager verzeichnen auch unter Katholiken eine deutlich wachsende Nervosität in sensiblen gesellschaftlichen Fragen. 41 Prozent von ihnen etwa halten den Islam für eine "echte Bedrohung" für die westliche Welt, 11 Prozent mehr als im noch Vorjahr. 37 Prozent erklären "absolute Zustimmung", dass es zu viel Einwanderung nach Frankreich gebe; 2012 sagten das noch 25 Prozent. Was Arbeitslosigkeit angeht, so erklärten 60 Prozent der Katholiken, dass Arbeitslose einen Job finden könnten, "wenn sie es wollten" - gegenüber 53 Prozent aller Befragten. Kurz gesagt: Rechtes Gedankengut ist auch bei ihnen auf dem Vormarsch.

Beunruhigen kann zudem der Befund, dass innerhalb der Gruppe der praktizierenden Katholiken die jungen Erwachsenen deutlich am meisten ansprechbar sind für die Agenda des Front National. Zehn Prozent der Katholiken unter 35 Jahren fühlen sich der Le-Pen-Partei nahe - gegenüber nur einem Prozent der Über-65-Jährigen. 35 Prozent der Jungen schätzen die Parteivorsitzende; bei den Alten sind es 25 Prozent.

Globalisierung als Chance

Gemeinsamer Nährboden des nationalistischen Populismus in Europa ist eine Ablehnung der EU als eine supranationale Einrichtung und als vermuteter Agent einer Globalisierung, die nationale Identitäten vernichte. Immerhin: 73 Prozent der französischen Katholiken lehnen eine Rückkehr zum Franc ab, und 60 Prozent sehen in der Globalisierung vor allem eine Chance für die nationale Wirtschaft - eine Absage an zwei Kernbotschaften Le Pens.

Ob das allerdings einem weiteren Erfolg bei den Europawahlen im Mai im Weg stehen wird, wird der Wahlkampf erweisen. "La Vie"-Chefredakteur Jerome Anciberro prognostiziert, dass der Front National von der Krise der Sozialisten profitieren und ein Rekordergebnis erzielen wird. "Das liegt aber nicht an seiner besonderen Stärke, sondern weil die Franzosen den anderen Parteien misstrauen", so Anciberro im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Insgesamt haben die Rechten kein starkes Alternativprogramm."


Quelle:
KNA