ADVENIAT-Geschäftsführer kritisiert Weltfinanzgipfel im Vorfeld

Geringe Erwartungen

Vor dem Weltfinanzgipfel am Samstag in Washington hat Prälat Bernd Klaschka, Geschäftsführer der Bischöflichen Aktion ADVENIAT, die Verantwortlichen aufgerufen, auch die Interessen ärmerer Länder zu berücksichtigen. Im domradio-Interview kritisiert er, dass nur die "wirtschaftlich potenten Länder" am Verhandlungstisch sitzen. "Es geht um eine globale Krise, von der alle betroffen sind."

 (DR)

domradio: Die Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer setzen sich ab heute Abend in Washington zusammen und diskutieren über Wege aus der Finanzkrise. Welche unterschiedlichen Haltungen treffen da zusammen?
Klaschka: Ich denke, die unterschiedlichen Haltungen ergeben sich daraus, dass es auch unterschiedliche Situationen in den einzelnen Ländern gibt. Und die Ursachen dieser Finanzkrise, die ja auch in der Globalisierung liegen, auch anders eingeschätzt werden. Es treffen Industrie- und Schwellenländer zusammen, die unterschiedliche Interessen haben. Und diese unterschiedlichen Interessen provozieren schon auch Interessenskonflikte. Ich bin skeptisch, ob man zu einer einvernehmlichen Lösung kommen kann. Ob man bereit ist, auch die Interessen der anderen entsprechend zu würdigen.
Ich sehe einen Konflikt voraus. Wer sitzt am Verhandlungstisch? Es sitzen eben wirtschaftlich potente Länder an diesem Tisch, die gemeinsam zu Abend essen. Für mich ein Symbol für die allgemeine Situation: Diejenigen, die wenig zu essen haben, sitzen auch erst gar nicht mit an dem Tisch, der versucht Lösungen zu finden, die alle Menschen betreffen - denn es geht um eine globale Krise, von der alle betroffen sind. Ob Arme oder Reiche. Und eigentlich müssten da alle gehört und die Interessen aller berücksichtigt werden.

domradio: Welche Forderungen stellen Sie an den Finanzgipfel?
Klaschka: Der Finanzgipfel muss Kontrollmechanismen finden, die das Gewinnstreben vieler Parteien auf diesem Finanzmarkt kontrollieren. Außerdem darf der Gewinn nicht der einzige Motor im Finanzmarkt sein, sondern die Verantwortung für das Allgemeinwohl. Ein Weg, die himmelschreiende Ungerechtigkeit, die sich durch die exorbitanten Gewinne mit fiktiven Gewinnen ergeben hat, einzudämmen.

domradio: Man sollte also nicht schauen, wie man den Banken hilft, sondern: Wie kann den Menschen vor Ort geholfen werden?
Klaschka: Ich bin ein Kritiker der Lösung, die man gefunden hat: Man will hunderte Milliarden innerhalb von zwei, drei Monaten investieren in die Finanzmärkte investieren, während es nicht möglich ist, das Milleniumsziel - eine Halbierung der Armut weltweit - zu erreichen. Das wäre mit einem Bruchteil der Summe möglich gewesen. Genau hier liegt für mich die himmelschreiende Ungerechtigkeit.

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