Adveniat blickt auf Olympische Spiele in Rio

Verlierer sind die Armen

In genau einem Jahr beginnen die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Die Militärpolizei der Stadt steht in der Kritik, weil sie mit brutaler Waffengewalt gegen Drogenbosse vorgeht - und dabei unschuldige Opfer einkalkuliert.  

Militärpolizei in einer Favela (dpa)
Militärpolizei in einer Favela / ( dpa )

domradio.de: Erst schießen - dann fragen. Das soll laut einem aktuellen Bericht von Amnesty International das Motto der Militärpolizei in Rio sein.

Klemens Paffhausen (Katholisches Hilfswerk Adveniat): Man muss sich das so vorstellen: Die Favelas, in denen sich oft Drogenbosse verschanzen, sind sehr unübersichtlich. Man hat bei der Polizei eine Vorhut, die nennt sich BOPE, die ist ziemlich brutal. Die wird dort hingeschickt und die eröffnen das Feuer und schießen auf alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Man kalkuliert dabei offenbar direkt unschuldige Opfer mit ein. In der Rechtfertigung wird dann gesagt, dass man die Favelas anders nicht von den Drogengangs befreien kann.

domradio.de: Wenn wir an die Fußball WM in Brasilien zurückdenken, da haben besonders die Armen gelitten und wurden teilweise vertrieben. Ist das wieder zu befürchten für die Olympischen Spiele in einem Jahr?

Paffhausen: Dass die Masse der Armen keinen Vorteil von den Spielen haben wird, ähnlich wie bei der WM, das gilt so gut wie sicher. Damals sind Menschen auf die Straße gegangen, weil sie auch einen Vorteil von der WM haben wollten. Das sollten eben nicht nur glanzvolle Spiele werden, sondern der Standard, den die FIFA an die Stadien legte, sollte auch auf das Sozialsystem übertragen werden. Damals ist die Polizei schon sehr massiv dagegen eingeschritten. Es bleibt zu befürchten, dass jetzt die zunehmende Gewalt und die Feuergefechte zwischen Polizei und Drogengangs auch dafür genutzt werden, dass Demonstrationen und berechtigte Proteste aus Sicherheitsgründen ziemlich eingeschränkt werden.

domradio.de: Bei der Fußball-WM wurden arme Leute aus ihren Häusern vertrieben, weil man den Platz brauchte für die Spiele. Wird das wieder so sein?

Paffhausen: Das ist auch wieder zu befürchten, vielleicht nicht mehr ganz so massiv. Es gibt Leute, die nicht angemessen entschädigt worden sind oder deren Rechtsbegehren nicht entsprechend behandelt wird. Und es bleibt zu befürchten, dass die Nutznießer nachher doch die großen Spekulanten sind. Das ganze Gelände des olympischen Dorfes ist zum Beispiel so konzipiert, dass nach Abschluss der Spiele dort Luxuswohnungen verkauft werden, die völlig unerschwinglich sind für die Masse der Armen.

Das Interview führte Silvia Ochlast.


Sportler am Copacabana-Strand (dpa)
Sportler am Copacabana-Strand / ( dpa )
Quelle:
DR