Merkel wählt Kirchenlied für Großen Zapfenstreich

Abschied mit "Großer Gott wir loben Dich"

Die Kanzlerin auf Abschiedstour: Nach letzten Besuchen bei Papst, Staatspräsidenten und Regierungschefs wird Angela Merkel jetzt auch mit Pauken und Trompeten in Berlin verabschiedet. Die Musikauswahl ist bemerkenswert. Ein Kirchenlied steht neben Nina Hagen.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt und Christoph Arens
Angela Merkel / © Tobias Schwarz (dpa)
Angela Merkel / © Tobias Schwarz ( dpa )

Er ist das feierlichste Zeremoniell der Bundeswehr: der Große Zapfenstreich. Er steht Bundespräsidenten, Regierungschefs und Verteidigungsministern zu. Am Donnerstagabend wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Hof des Verteidigungsministeriums in Berlin mit diesem 200 Jahre alten Ritual verabschiedet.

Der Ablauf des Großen Zapfenstreiches - meist findet er abends im Garten von Schloss Bellevue statt - ist genau vorgegeben. Allerdings können die Geehrten dem rund 20-minütigen Ritual etwas persönliche Farbe geben. Im Rahmen der "Serenade" können sie meist drei Musikstücke auswählen, die das Stabsmusikkorps der Bundeswehr dann zu Gehör bringt.

Breite Auswahl in der Vergangenheit

Die Auswahl ist oft vielsagend: Christian Wulff sagte Schloss Bellevue mit "Over the Rainbow" von Harold Arlen, "Da berühren sich Himmel und Erde" von Christoph Lehmann sowie der "Ode An die Freude" von Ludwig van Beethoven Adieu. Bundespräsident Joachim Gauck wählte zum Abschied unter anderem den DDR-Hit "Über sieben Brücken musst du gehen" von Karat.

Gerhard Schröder ließ sich mit Sinatras "My Way" aus dem Kanzleramt geleiten, während Gustav Heinemann statt mit Militärmusik lieber bei einer Rheinschifffahrt Abschied nahm. Ursula von der Leyen ging mit Mozart, Beethoven - und den Scorpions.

Knef, Hagen und ein Kirchenlied

Jetzt hat auch Merkel laut Recherchen des "Spiegel" ihre persönliche Auswahl getroffen: Als musikalische Einlage gibt es "Für mich soll's rote Rosen regnen" von Hildegard Knef. Außerdem sollen die Bundeswehr-Musiker gerade das Kirchenlied "Großer Gott, wir loben Dich" für die evangelische Pfarrerstochter proben - und den Song "Du hast den Farbfilm vergessen", mit dem Nina Hagen 1974 in der DDR einen Hit landete.

In seiner heutigen Form ist das Ritual des Großen Zapfenstreichs fast 200 Jahre alt. Der Begriff "Zapfenstreich" geht sogar auf das 16. Jahrhundert zurück. Um die Soldaten abends ins Feldlager zu rufen, ging ein Offizier samt Trommler oder Pfeifer durch die Wirtshäuser und schlug mit seinem Säbel auf den Zapfen des Fasses. Dann durfte der Wirt nicht mehr ausschenken, die Soldaten mussten bei Strafandrohung ins Lager zurück. Daraus entwickelten sich in den Armeen des 17. Jahrhunderts musikalische Signale für den Beginn der Nachtruhe in der Kaserne.

Nationalhymne erst seit 1922

Als musikalischer Aufmarsch wurde der Große Zapfenstreich von Wilhelm Wieprecht, dem Direktor der Musikkorps des preußischen Gardekorps, geschaffen und erstmals am 12. Mai 1838 in Berlin aufgeführt. Er enthält immer dieselben Elemente: den Aufmarsch mit dem "Marsch des Yorkschen Korps", die "Serenade" mit den gewählten Musikstücken sowie den eigentlichen Großen Zapfenstreich mit dem musikalischen Gebet sowie der deutschen Nationalhymne. Dazu gehören Fackelträger, Soldaten mit Gewehr sowie festgelegte Kommandos und Signale.

Die Nationalhymne wurde erst 1922 in das Ritual eingefügt. Das "Gebet" hat Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. während der Befreiungskriege 1813 verpflichtend gemacht. Dabei erklingt nach dem zackigen Kommando "Helm ab - zum Gebet!" das Lied "Ich bete an die Macht der Liebe" mit dem Text des Theologen Gerhard Tersteegen (1697-1769). 

Umstrittenes Ritual

Schon länger ist dieses militärische Ritual auch umstritten. Bei der Verabschiedung von Bundespräsident Christian Wulff gab es lautstarke Proteste. Auch im Vorfeld des Großen Zapfenstreichs für die Afghanistan-Heimkehrer im Oktober vor dem Reichstag protestierten Friedensinitiativen, darunter auch die katholische Friedensinitiative Pax Christi und forderten seine generelle Abschaffung. Die Zeremonie sei gewaltverharmlosend und instrumentalisiere die christliche Glaubensbotschaft, schrieben 196 Einzelpersonen und 24 Friedensorganisationen an Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU).

Stein des Anstoßes ist insbesondere der Choral "Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart". Zugleich würden die Gewehre der Soldatinnen und Soldaten präsentiert. Das sei eine nicht hinnehmbare Verletzung religiöser Gefühle. Christen nähmen sich die Gewaltlosigkeit Jesu zum Vorbild, sagen die Kritiker.


Großer Zapfenstreich der Bundeswehr in Dresden / © Robert Michael (dpa)
Großer Zapfenstreich der Bundeswehr in Dresden / © Robert Michael ( dpa )
Quelle:
KNA