Abkommen zwischen Peking und Vatikan besteht fünf Jahre

Heikle China-Mission des Papstes

Vor knapp fünf Jahren überraschten Peking und der Vatikan mit einem Abkommen zur Ernennung von Bischöfen. Provisorisch sollte es sein, wurde seither aber zwei Mal verlängert. Was hat sich seitdem entwickelt? Eine Bestandaufnahme.

Autor/in:
Roland Juchem
Gottesdienst in Peking / © Gilles Sabrie (KNA)
Gottesdienst in Peking / © Gilles Sabrie ( KNA )

Selbst den Termin für die Bekanntgabe des Abkommens am 22. September 2018 gab Peking vor. Das Regime wollte den diplomatischen Prestigegewinn rechtzeitig vor dem Nationalfeiertag am 1. Oktober in der Welt haben - weshalb sich der Vatikan genötigt sah, dies während der Papstreise ins Baltikum bekanntzugeben; und die dort platzierten Botschaften nachrichtlich zu übertönen.

Gottesdienst in China / © Kit Leong (shutterstock)

Der genaue Inhalt des in Peking unterzeichneten Abkommens ist bis heute nicht bekannt. Es solle das Ernennungsverfahren von Bischöfen dahingehend ordnen, dass diese künftig "in Gemeinschaft mit Rom stehen, aber zugleich von der chinesischen Regierung anerkannt sind", erklärte damals Vatikansprecher Greg Burke.

Kompletter Text weitgehend unbekannt

Aufseiten des Vatikans dürfte es allenfalls eine Handvoll Leute sein, die den kompletten Text kennen. Deshalb wurde dort auch wiederholt betont, die Vereinbarung sei provisorisch und vor allem rein pastoral. Im Anschluss an die Bekanntgabe vor fünf Jahren informierte der Vatikan über die nachträgliche Ernennung von acht Bischöfen durch den Papst sowie die Errichtung einer neuen Diözese.

Teils heftige, ja bittere Kritik kam damals von Hongkongs früherem Bischof, Kardinal Jospeh Zen Ze-kiun. Ihm schlossen sich etliche konservative Kirchenvertreter und Vatikan-Beobachter an: Indem sie mit dem Regime in Peking ein Abkommen schlössen, schädigten Papst und Vatikan ihre moralische Autorität. Zen sprach von "unglaublichem Verrat" des Vatikans an den sogenannten Untergrundchristen und ihren jahrzehntelangen Leiden.

Abkommen zwei Mal verlängert

Es war fast ein Eklat, als auch US-Außenminister Mike Pompeo vor einem Rom-Besuch 2020 vor einem moralischen Autoritätsverlust des Papstes warnte. Für einen Moment drohte der Vatikan in das Machtgerangel der weltpolitischen Elefantenbullen Donald Trump und Xi Jinping hineingezogen zu werden.

Papst Franziskus mit Gläubigen aus China  / © Gregorio Borgia (dpa)
Papst Franziskus mit Gläubigen aus China / © Gregorio Borgia ( dpa )

Zwei Mal, im Oktober 2020 und 2022, haben beide Seiten das Abkommen verlängert. Parolin und der päpstliche Außenbeauftragte Erzbischof Paul Gallagher verteidigen die Vereinbarung. Trotz Schwierigkeiten sei sie ein wichtiger Schritt eines langfristig angelegten Dialogs. Bei anderer Gelegenheit räumte der Vatikan ein, "dass es noch viele Situationen großen Leids gibt". Ende 2022 wurde der Vatikan deutlicher.

"Mit Überraschung und Bedauern" habe man erfahren, dass Bischof John Peng Weizhao von Yujiang als Weihbischof nach Jiangxi versetzt worden sei, "einer vom Heiligen Stuhl nicht anerkannten Diözese". Der Vorgang, so eine offizielle Erklärung des Heiligen Stuhls vom 26. November, entspreche nicht "dem Geist des Dialogs", wie er im September 2018 vereinbart worden sei. Der Heilige Stuhl hoffe, "dass sich ähnliche Vorkommnisse nicht wiederholen".

Schwieriges Verhältnis

Doch im April düpierte Peking den Vatikan mit einer weiteren nicht abgestimmten Bischofsversetzung. Erst im Nachhinein konnte Vatikansprecher Matteo Bruni bekanntgeben, die Regierung habe den Bischof von Haimen, Joseph Shen Bin, ohne vorherige Abstimmung mit dem Heiligen Stuhl nach Shanghai versetzt. Fast zehn Jahre lang galt der Bischofssitz aus vatikanischer Sicht als unbesetzt. Am 15. Juli zog der Papst nach und erkannte Shen Bin als neuen Bischof von Shanghai an.

Joseph Shen Bin, neuer Bischof von Shanghai / © Harald Oppitz (KNA)
Joseph Shen Bin, neuer Bischof von Shanghai / © Harald Oppitz ( KNA )

Auch gab es in den vergangenen Jahren mehrfach Berichte über Festnahmen von Priestern und Bischöfen. Örtliche Behörden ließen Kirchen ein- oder Kreuze abreißen. Was besonders zu schaffen macht, ist das Verbot religiöser Angebote und Aktivitäten für Jugendliche unter 18 Jahren. So dürfen Kirchengemeinden keinerlei Jugendarbeit leisten; Erstkommunion- oder Firmunterricht sind verboten. Allerdings seien die lokalen Behörden unterschiedlich streng, sagen China-Kenner.

"Gewisser Fortschritt"

Noch vor zwei Monaten bekräftigte Parolin jedoch, der Vatikan wolle sich in seiner China-Politik nicht vom Weg abbringen lassen. Das Abkommen sei ein gewisser Fortschritt zumindest bei den Bischofsernennungen gewesen. Es blieben andere Probleme; auch das der sogenannten Untergrundkirchen. Das "sehr schwierige Thema" brauche "noch viel Dialog und einiges an gegenseitigem Vertrauen, das noch wachsen muss".

Franziskus sucht jedoch nicht nur wegen Bischofsernennungen den Kontakt zu China. So schickt er - vermutlich in den kommenden Tagen - seinen Vermittler im Ukraine-Krieg, Kardinal Matteo Zuppi, auch nach Peking. Die USA und China seien beide der Schlüssel zu einer Deeskalation des Konflikts, erklärte dazu der Papst in einem Interview.

Quelle:
KNA