Abkommen zwischen China und dem Vatikan soll "bald" reif sein

Auf dem Weg in die gleichgeschaltete Kirche?

Die jahrzehntelange Eiszeit zwischen Peking und dem Heiligen Stuhl könnte demnächst enden. Beide Seiten müssten daran ein Interesse haben. Doch es gibt Befürchtungen, die Kommunisten könnten den Papst übervorteilen.

Autor/in:
Stefanie Ball
Schwerer Stand für Katholiken in China / © Katharina Ebel (KNA)
Schwerer Stand für Katholiken in China / © Katharina Ebel ( KNA )

Seit Jahren verhandeln der Vatikan und China über ein Abkommen. Ende März hieß es, ein Vertragsabschluss stehe unmittelbar bevor. Doch nichts passierte. Jetzt heißt es wieder: Es sei so weit, das historische Abkommen zwischen Papst und kommunistischer Führung, die seit Jahrzehnten Antagonisten sind und erst neuerdings eine Annäherung suchen, werde "bald" unterzeichnet. Einzelne Medien meinen, Ende September werde eine vatikanische Delegation in China erwartet.

Wer ernennt künftig Bischöfe in China?

"Aber was heißt schon 'bald'?", sagt Francesco Sisci, ein italienischer Sinologe, der seit vielen Jahren in Peking lebt. Keiner könne das mit Sicherheit sagen. Dass es ein Abkommen geben wird, da ist sich Sisci sicher. "Chinas Führung hat erkannt, dass der Heilige Stuhl eine globale 'Soft Power' ist, eine sogenannte weiche Macht - und dass China es sich als ambitionierte Großmacht nicht leisten kann, ihn zu ignorieren."

Im Kern geht es um die Frage, wer künftig die Bischöfe in China ernennt. Normalerweise beansprucht dieses Recht der Papst für sich.

Das aber wollen die Kommunisten nicht, weil sie jeden Einfluss von außen ablehnen. So spielt sich die verfassungsrechtlich garantierte Religionsfreiheit in China in engen Grenzen ab. Die Regeln stellt das staatliche Religionsamt auf; für die Katholiken ebenso wie für die anderen vier zugelassenen Religionen: Protestantismus, Buddhismus, Taoismus und Islam.

Haus- und Untergrundgemeinden

Parallel zur offiziellen Kirche haben sich deshalb über die Jahrzehnte sogenannte Haus- und Untergrundgemeinden gebildet. Diese Spaltung zeigt sich auch beim Episkopat: Es gibt vom Papst ernannte Bischöfe und andere, die von Peking installiert wurden. Ein Großteil dieser für die Staatskirche tätigen Bischöfe wird auch vom Vatikan anerkannt; sieben von ihnen wurden allerdings exkommuniziert. Um diese Bischöfe und um das Prozedere künftiger Bischofsernennungen wird seit Monaten verhandelt.

Vehemente Kritiker eines Deals fürchten, dass Peking den Vatikan über den Tisch ziehen und am Ende von der inoffiziellen, sogenannten Untergrundkirche Chinas, der rund die Hälfte der geschätzten zwölf Millionen Katholiken angehören, nicht mehr viel übrig bleiben könnte.

Tatsächlich geht die Entwicklung seit geraumer Zeit in diese Richtung. Das betrifft sowohl katholische als auch protestantische Gemeinden. So berichtet ein Kirchenkenner, dass stärkere Kontrollen mittlerweile in vielen Regionen vorkämen. Auch in der Hauptstadt Peking werden größere, nicht registrierte Gemeinden zerschlagen. Zuletzt traf es die Zion-Gemeinde.

Ungebrochener Zulauf zu den Kirchen

Zwar blieben kleinere Hauskirchen meist unbehelligt, so der Insider weiter. Zum Teil stellten die Gemeinden ihre Aktivitäten aber von sich aus ein. Zudem bestellte der chinesische Geheimdienst Kirchenvertreter zum Rapport ein; einen Priester, nachdem er einem Journalisten ein Interview gegeben hat; eine Oberin einer italienischen Ordensgemeinschaft. "Man will alles registrieren", so der Kirchenkenner.

Selbst im zu China gehörenden, aber eigentlich autonomen Hongkong wurde kürzlich ein Visum für einen Pastor, der eine ausländische Gemeinde betreuen sollte, nur erteilt, nachdem diese zugesagt hatte, keine religiöse Erziehung zu betreiben - was de facto eine Einschränkung der Religionsfreiheit bedeutet.

Immerhin: Der Zulauf zu den Kirchen in China, zu den offiziellen wie inoffiziellen, ist seit Jahrzehnten ungebrochen; es werden immer neue Kirchen gebaut. Die Religionen stillen das weit verbreitete Bedürfnis der Menschen nach Spiritualität, auf das der Kommunismus keine Antwort hat. Das weiß auch die Führung in Peking - die deshalb eigentlich ein Interesse daran hat, Glaubensgemeinschaften zu fördern.

Gleichzeitig warnt der Pekinger Kirchenkenner vor einem immer perfekteren und besser organisierten Staat. "Ich glaube kaum, dass ein Abkommen die Lage der katholischen Kirche im Land verbessern kann. Es bedeutet eher noch vollkommenere Kontrolle und weniger Unabhängigkeit. Die Kirche wird noch mehr eingebunden in das chinesische System, das alles gleichschalten möchte."


Quelle:
KNA