In der Pflege beginnt ab Januar eine neue Zeitrechnung. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und die große Koalition haben die umfangreichste Reform der Pflegeversicherung seit ihrer Gründung im Jahr 1995 auf den Weg gebracht.
Nach jahrelangen Debatten treten zum 1. Januar insbesondere Verbesserungen insbesondere für die 1,6 Millionen Demenzkranken in Kraft. Der dann maßgebliche neue Pflegebedürftigkeitsbegriff berücksichtigt den besonderen Hilfs- und Betreuungsbedarf von Menschen mit kognitiven oder geistigen Einschränkungen. Alle bislang 2,8 Millionen Leistungsempfänger werden dazu nicht mehr in die drei Pflegestufen eingruppiert, sondern in fünf Pflegegrade.
Bundesregierung betont Bestandsschutz
"Alle Versicherten, die am 31. Dezember 2016 bereits Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, werden am 1. Januar 2017 ohne neue Antragstellung und ohne erneute Begutachtung aus den bisherigen Pflegestufen in die neuen Pflegegrade übergeleitet", beruhigen die Kassen.
Die Bundesregierung versprach, dass bei der Eingruppierung in die neuen Pflegegrade niemand schlechter gestellt wird. Es gebe einen Bestandsschutz, so Gröhe. Anpassungen zwischen den heutigen Pflegestufen und den künftigen Pflegegraden gebe es nur nach oben.
Alte Regelung – neue Regelung
Änderungen gibt es auch für Pflegebedürftige in Heimen. Bisher galt: niedrige Pflegestufe, niedriger Eigenanteil, höhere Pflegestufe, höherer Eigenanteil.
Künftig aber zahlt jeder Heimbewohner, unabhängig vom Grad seiner Pflegebedürftigkeit, einen einheitlichen Eigenanteil. Heimbewohnern mit niedrigem Pflegegrad drohen nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz dann aber im Vergleich zu heute Mehrbelastungen.
Verbesserungen für Pflegende und Pflegebedürftige?
Durch die Reformen kann jeder versicherte Pflegebedürftige in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen in den Genuss zusätzlicher Betreuungsangebote kommen. Pflegende Angehörige werden in der Renten- und Arbeitslosenversicherung besser abgesichert: Künftig zahlt die Pflegeversicherung Rentenbeiträge für alle Pflegepersonen, die einen Pflegebedürftigen im Pflegegrad 2 bis 5 mindestens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei Tage, zu Hause pflegen.
Für Pflegepersonen, die aus dem Beruf aussteigen, um sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, bezahlt die Pflegeversicherung künftig die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die gesamte Dauer der Pflegetätigkeit.
Der Versicherte trägt die Kosten
All diese Leistungsverbesserungen haben aber zur Folge, dass die Beiträge zur Versicherung angehoben werden. Bereits zur Finanzierung des ersten Pflegestärkungsgesetzes - es sah insbesondere Verbesserungen für Angehörige vor - wurden die Beitragssätze Anfang 2015 um 0,3 Prozentpunkte erhöht. 0,2 Prozentpunkte davon sollen für Leistungsverbesserungen verwendet werden. Die restlichen 0,1 Prozentpunkte oder 1,2 Milliarden Euro gehen in einen Vorsorgefonds, der künftige Leistungen für die wachsende Zahl der Pflegebedürftigen aus der Generation der Babyboomer abfedern soll.
Mit der neuen Reform werden die Beitragssätze ab Januar um weitere 0,2 Prozentpunkte auf dann 2,55 beziehungsweise 2,8 Prozent für Kinderlose angehoben. Die beiden Beitragserhöhungen sollen insgesamt rund fünf Milliarden Euro in die Kassen der Pflegeversicherung spülen.
Noch ist nicht zu Ende refomiert
Trotz der Reformen gibt es weiter Baustellen in der Pflege: So wird sich die Regierungskoalition nicht einig über eine Reform der Ausbildung. Die Bundesregierung will die bisher getrennten Ausbildungsgänge für Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege zusammenlegen. In der Union gibt es dagegen massiven Widerstand.
Bis Ende 2017 will die Bundesregierung zudem den sogenannten Pflege-TÜV reformieren. Eine Expertenkommission soll ein besseres Verfahren zur Qualitätsmessung von Pflegeheimen und Pflegediensten erarbeiten. Verbraucher sollen sich dann besser als bislang über geeignete Heime und Pflegeangebote informieren können. Die bislang veröffentlichten Schulnoten haben sich als wenig aussagekräftig erwiesen.