Aachener Kommission will weitere Betroffenengruppen erfassen

Fälle mit Frauen in den Blick nehmen

Eine Aufarbeitungskommission zu sexuellem Missbrauch im Bistum Aachen schlägt vor, vermehrt nach Fällen von betroffenen Frauen zu suchen. Meist seien diese Fälle noch gar nicht erfasst, hieß es vom Vorsitzenden der Kommission.

Holzkreuz in der Hand / © PKStockphoto (shutterstock)

Eine Aufarbeitungskommission zu sexuellem Missbrauch im Bistum Aachen will neben Kindern und Jugendlichen weitere Betroffenengruppen in den Blick nehmen.

"Zum Beispiel Frauen, die in Gemeinden oder für Pfarrer gearbeitet haben. Es wird vermutet, dass die zum großen Teil noch gar nicht erfasst worden sind", sagte der Vorsitzende der Kommission, Thomas Kron, in einem am Sonntag erschienenen Interview der "Aachener Zeitung" (online).

Das Gremium wolle sich zudem mit Gemeindemitgliedern befassen, die von Gerüchten und Missbrauchsfällen wussten und dennoch geschwiegen haben, so der Soziologe an der RWTH Aachen. Auch wenn das Hauptaugenmerk auf den Betroffenen liege, müsse die Kommission zusätzlich Täter und deren Handlungsweisen in den Blick nehmen, um Präventionsarbeit betreiben zu können.

Unabhängigkeit der Gremien

Die Frage, wie unabhängig sein Gremium sei, beantwortete Kron gemischt. Er selbst wurde vom Bistum in das Gremium berufen, sei aber kein Kirchenmitglied. Auch die beiden weiteren von der Diözese benannten Mitglieder verträten nicht das Bistum. Allerdings stehe infrage, dass die Aufarbeitungskommissionen von Bischöfen eingesetzt würden.

Der Leiter der entsprechenden Kommission im Erzbistum Köln, Stephan Rixen, hatte vor kurzem die Unabhängigkeit seines Gremiums in Zweifel gezogen und seinen Posten abgegeben. "Köln ist das negative Vorbild", sagte Kron. "Der Vorwurf an Erzbischof Woelki, er habe Betroffene instrumentalisiert, wiegt schwer."

Unterschiede in jedem Bistum

Die Aufarbeitung der Kirche bezeichnete er insgesamt als nicht transparent genug. Allerdings unterscheide sich die Situation je nach Bistum. In Aachen gebe es einen Betroffenenbeirat, Ansprechpersonen für die Opfer, einen Interventionsbeauftragten und eine Präventionsbeauftragte.

"Unsere Kommission muss nun erst einmal kontrollieren, ob das alles funktioniert", so Kron. Das Gremium habe bereits Bischof Helmut Dieser getroffen. "Mein Eindruck war, dass er uns sehr respektvoll begegnet und uns um Unterstützung bittet." Dieser ist auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz.

Die Errichtung der Aufarbeitungskommissionen in den Diözesen geht auf eine Vereinbarung zwischen dem früheren Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und der Bischofskonferenz zurück. Mitglieder sind Vertreter des Bistums, externe Experten sowie Betroffene. Sie werden teils von der Kirche, teils von den Landesregierungen benannt und sämtlich vom Ortsbischof berufen.

Staat muss Aufarbeitung von Missbrauch in Kirche übernehmen

Die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag will bei der Missbrauchsaufarbeitung der Kirche den Staat stärker in die Pflicht nehmen. "Die Verantwortlichen in der Kirche haben es aus eigener Kraft nicht geschafft, die Missbrauchsfälle in ihren Reihen so aufzuklären, wie es aus Sicht der Opfer und der Öffentlichkeit angemessen gewesen wäre", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Antrag, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. "Deshalb muss der Staat im Sinne seines partnerschaftlichen Verhältnisses zur Kirche diese Verantwortung jetzt übernehmen."

Symbolbild Missbrauch / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Missbrauch / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
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