Aachener Friedenspreis an Zdravko Marjanovic und Berliner Compagnie verliehen

Ehrung für "Friedens-Dienstleister"

Der bosnische Friedensaktivist Zdravko Marjanovic und das alternative Theaterensemble Berliner Compagnie sind am Dienstagabend mit dem Aachener Friedenspreis geehrt worden. Die diesjährigen Preisträger setzten sich vorbildlich "von unten" für für eine zivile und gewaltfreie Lösung von Konflikten ein, so die Friedenspreis-Initiative.

 (DR)


Beide Preisträger zeichneten sich durch "ein unerschrockenes Engagement für Frieden und Menschenrechte" aus, sagte der Vorsitzende der Aachener Friedenspreis-Initiative, Otmar Steinbicker, bei der Preisverleihung in Aachen. Gemeinsam sei ihnen auch die Erkenntnis, dass mit Waffengewalt kein Frieden geschaffen werden könne, sondern dass Krieg häufig in eine weitere Eskalation führe.

Die Fernsehjournalistin Sonia Mikich würdigte die Preisträger in ihrer Laudatio als «Stören-Friede» und «Friedens-Dienstleister», die den Opfern von Krieg, Vertreibung und Verzweiflung ein Stimme gäben. «Sie setzen sich im Privaten und Öffentlichen für gleiche Chancen ein, unabhängig von Nationalität, Hautfarbe, Religion, Geschlecht», sagte Mikich laut Redetext. Die Geehrten wollten eine sympathischere Gesellschaft, die allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem materiellen Status ein würdiges Leben ermögliche.

Der bosnische Serbe Zdravko Marjanovic, der den symbolisch mit 1.000 Euro dotierten internationalen Preis erhielt, engagniert sich seit 16 Jahren für Versöhnung und die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien. Der pensionierte Elektrotechniker gründete 1994 in Backa Palanka die Friedensgruppe «Gesellschaft für Toleranz» und die Zeitung «Tolerancija».

Zwei Jahre später organisierte der heute 68-Jährige das erste Treffen von Muslimen und Serben in Bosnien. Als während der Balkankriege die ersten Flüchtlingsbewegungen einsetzten, rief er eine Hilfsvereinigung ins Leben, die ihre Arbeit 1999 wegen der NATO-Luftangriffe einstellen musste. Im Jahr 2003 gründete Marjanovic ein Forum zur Verständigung von Bosniern, Serben und Kroaten.

Für den Frieden zu arbeiten bedeute, Lösungen für die Ursachen von Krieg zu finden, sagte Marjanovic in seiner Dankesrede. Dazu gehörten neben Armut alle Formen von Ungerechtigkeit und sämtliche künstlich errichteten Trennlinien zwischen den Menschen. Ein großes Problem sei auch die Gleichgültigkeit vieler Menschen, sagte der Preisträger laut Manuskript. Sie müssten ermutigt werden, sich aktiv am Gemeinschaftsleben zu beteiligen. «Ich bin mir sicher, dass der von unten, durch persönliches Vorbild und auf friedliche Art und Weise betriebene Friedensaufbau nachhaltigere Ergebnisse erzielt.»

Die ebenfalls mit 1.000 Euro verbundene nationale Auszeichnung ging an das Tourneetheater Berliner Compagnie, das politische Aufklärung betreibt und vor Kriegsbeteiligungen warnt. Das Ensemble wurde 1981, zur Zeit der Proteste gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen und Cruise Missiles, von den Schauspielern Jean-Theo Jost - damals am Stadttheater Wiesbaden - und Gerhard Fries vom Stadttheater Kassel gegründet. Seither entstanden 23 politische Theaterstücke, mit denen die Compagnie auf Tournee geht. Themen sind etwa der Nahostkonflikt, Deutschlands Rolle bei Waffenexporten, die Verarmung Afrikas und der Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan.

In ihrer Dankesrede wandten sich die Ensemblegründer gegen eine «Verdummung» im Theater. Sie kritisierten, das deutsche Theater, das finanziell weltweit am besten ausgestattet sei, engagiere sich zu wenig für Frieden und gegen Armut und Hunger. «Wir fordern ein Theater, das die wichtigen politischen Themen auf die Bühne bringt und die Zusammenhänge anschaulich macht», erklärten sie.

Der Aachener Friedenspreis wird seit 1988 an Menschen verliehen, die sich an der Basis für Frieden und Völkerverständigung einsetzen. Zu den bisherigen Preisträgern zählen Pro Asyl, die Petersburger Soldatenmütter, die türkische Menschenrechtsanwältin Eren Keskin und Brecht-Tochter Hanne Hiob. Der Aachener Friedenspreis wird getragen von mehr als 300 Einzelpersonen und über 50 kirchlichen, politischen, gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Gruppen. Die Auszeichnung wird alljährlich am 1. September, dem Antikriegstag, verliehen.