70 Jahre Israel - fünf Fragen, fünf Antworten

Zerrissenes Land

Israel begeht den 70. Jahrestag seiner Staatsgründung. Wie ist der junge Staat entstanden, wer sind seine Bürger und welche Rolle spielen Religion und Konflikt? Die Katholische Nachrichten-Agentur beantwortet fünf Fragen.

 (DR)

Wie entstand der Staat Israel?

Ende des 19. Jahrhunderts entstand als Reaktion auf den wachsenden Antisemitismus in Europa die zionistische Bewegung. Ziel war die Schaffung eines jüdischen Staates. In ersten Einwanderungswellen nach Palästina gekommene europäischer Juden wirkten am Aufbau der Kibbutz-Bewegung im Land mit.

In der Balfour-Erklärung von 1917 sicherten die Briten den Juden eine "nationale Heimstätte" in Palästina zu, das nach dem Ersten Weltkrieg unter britische Verwaltung kam. Im November 1947 suchten die UN mit der Resolution 181 den sich verschärfenden Streit um Palästina zu beenden. Das britische Mandat sollte beendet, je ein jüdischer und ein arabischer Staat geschaffen und Jerusalem unter internationale Kontrolle gestellt werden. Nach dem Rückzug der Briten verlas David Ben Gurion am 14. Mai 1948 die israelische Unabhängigkeitserklärung.

Darauf erklärten mehrere arabische Länder Israel den Krieg - in dem sich der junge Staat behaupten konnte.

Welche Rolle spielt das Judentum?

Die Unabhängigkeitserklärung definiert Israel als "jüdischen Staat im Lande Israel" mit dem Anspruch, Juden aus aller Welt offenzustehen. 1950 verabschiedete Israel das sogenannte Rückkehrgesetz, das jedem Juden das Recht auf Einwanderung und Staatsbürgerschaft einräumt. Israel entwickelte sich daraufhin zum größten jüdischen Siedlungsraum vor den USA. Von weltweit rund 15 Millionen Juden leben nach israelischen Angaben knapp 6,5 Millionen in Israel. Sie stellen damit rund 75 Prozent der Einwohner des Staates.

Eine Verfassung hat das Land bis heute nicht. Gesetze definieren den Staat als jüdisch und demokratisch und garantieren Religionsfreiheit. Neben dem Judentum sind Christen, Muslime, Drusen und Bahai als Religionsgruppen anerkannt. Derzeit berät das Parlament über das umstrittene "Nationalitätengesetz", das Israel als jüdischen Nationalstaat stärken soll.

Es sieht vor, das jüdische Religionsrecht zur Inspirationsquelle für Gesetzgebung und Rechtsprechung zu machen sowie das Recht auf nationale Selbstbestimmung auf jüdische Israelis zu beschränken. In den Augen der Kritiker stellt der Entwurf den jüdischen Charakter des Staates über die Demokratie und diskriminiert Nichtjuden.

Welche Rolle spielt die arabische Minderheit?

Mit rund 1,8 Millionen stellen arabische Bürger rund ein Fünftel der Bevölkerung. Die überwältigende Mehrheit von ihnen sind Muslime; rund 2 Prozent Christen, rund 1,6 Prozent Drusen. Ein Sonderfall sind die rund 280.000 arabischen Bewohner Ostjerusalems, die einen Status als "ständige Einwohner" haben, der nicht der Staatsbürgerschaft entspricht.

Ihre Minderheitenrolle und der palästinensisch-israelische Konflikt verstärken bei vielen arabischen Israelis das Gefühl einer doppelten Identität: Politisch und rechtlich Bürger Israels, fühlen sie sich kulturell und national als Palästinenser. Dem Gesetz nach sind arabische Israelis gleichberechtigte Staatsbürger. Im Parlament stellen sie gegenwärtig mit der drittstärksten Fraktion der "Vereinten Liste" 13 von 120 Abgeordneten.

Viele arabische Israelis sehen sich als Bürger zweiter Klasse. So hat sich etwa der Anteil von arabischem Landbesitz erheblich verringert, unter anderem durch staatliche Enteignungen, aber auch durch Schwierigkeiten für arabische Bürger, israelisches Land zu erwerben.

Gleichzeitig hat sich in anderen Bereichen der Graben zwischen jüdischen und arabischen Israelis verringert. Die arabische Geburtenrate liegt inzwischen unter der jüdischen, die Zahl berufstätiger arabischer Frauen nimmt zu und auch der Bildungsstand hat sich erhöht.

Worum geht es im Konflikt Israels mit den Palästinensern? 

Es geht um Land und territoriale Autonomie, das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge sowie den Status von Jerusalem. Die Nutzung und Verwaltung von Ressourcen wie Wasser ist ein weiterer Aspekt. International gilt eine Zweistaatenlösung mit der Errichtung eines souveränen palästinensischen Staates als einzige Lösung. Dessen Grenzen sollen sich bei möglichen Gebietstauschen an der sogenannten grünen Linie von 1967 orientieren.

Der anhaltende israelische Siedlungsbau führt jedoch zu einer territorialen Zerstückelung eines künftigen palästinensischen Staates. Ungelöst ist auch die Jerusalem-Frage. Während Israel die Stadt als "ewige und ungeteilte Hauptstadt" beansprucht, reklamieren die Palästinenser den Ostteil der Stadt als ihre Hauptstadt.

Völkerrechtlich ist der Status ungeklärt. Die meisten Staaten sowie die Vereinten Nationen erkennen die israelische Souveränität über den Osten der Stadt nicht an. Die im vergangenen Dezember von US-Präsident Donald Trump ausgesprochene Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt sorgte für scharfe Kritik.

Wie geht es weiter?

Der Friedensprozess gilt als festgefahren. Konkrete Bemühungen um eine Wiederaufnahme der Gespräche zeichnen sich nicht ab. Die Jerusalem-Politik von Präsident Donald Trump hat die USA in den Augen der palästinensischen Führung als Vermittler diskreditiert. Der Rückhalt für eine Zweistaatenlösung scheint sowohl auf israelischer wie palästinensischer Seite zu schwinden.

Auf palästinensischer Seite erschwert die anhaltende Spaltung zwischen der Hamas im Gazastreifen und der das Westjordanland regierenden Autonomiebehörde den Friedensprozess zusätzlich.

Von Andrea Krogmann


Quelle:
KNA
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