Von einem besonderen Erlebnis, das – wie ich finde - bestens zu dieser Situation passt, habe ich noch gar nicht berichtet: Am 6. Mai war ich auf Einladung der Künstlerin Christa Henn zu einem Gesprächsabend mit ihr über ihre Installation in der Kirche St. Kunibert in Köln, eine der zwölf romanischen Kirchen.
Ausgerechnet am 6. Mai! Da war die "verunglückte" Wahl unseres Bundeskanzlers. Für den nächsten Tag stand dann der Beginn des Konklaves an…
Christa Henn und ich hatten uns bewusst auf ein "blind date" eingelassen. Wir wollten spontan ins Gespräch kommen. Ich sah das Kunstwerk also das erste Mal. Beim Betreten der Kirche war ich sogleich fasziniert von dem, was ich vorfand. Leider können die Fotos nur einen eingeschränkten Eindruck davon geben.
Die Installation von 12m x 2.70m erinnerte mich sogleich an ein Kirchenfenster. Sie wirkt abstrakt, in ihren geometrischen Formen schlicht und lebendig zugleich, farblich zurückgenommen. Ich fand das Kunstwerk sofort schön und passend für diesen Kirchenraum.
Erst beim Näherkommen erkannte ich die Details: Die Installation besteht aus Röntgenbildern! Was für eine vielschichtige Symbolik! Schnell kamen wir in ein lebhaftes Gespräch, an dem sich auch die zu diesem Abend gekommenen Besucher beteiligten.
Für mich ist in der Vielfalt der Deutungsmöglichkeiten der Bezug zum Heiligen Geist wichtig. Die Ausstellung endet bewusst mit dem Pfingstfest. Da ist Transparenz, Klarheit, Wahrheit – eine Wahrheit, durchdringend und heilend zugleich, die vom Licht und vom Erbarmen Gottes erhellt und durchwärmt wird, vor der sich aber nichts verbergen lässt. Zwei Bibelstellen klingen da sofort in mir: „Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft geben müssen.“ (Hebr. 4,12+13)
„Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. Deshalb wird man alles, was ihr im Dunkeln redet, am hellen Tag hören, und was ihr einander hinter verschlossenen Türen ins Ohr flüstert, das wird man auf den Dächern verkünden.“ (Lk 12,2+3)
Ereignisse offenbaren Substanz, legen diese frei für den, der dies zu lesen und zu unterscheiden vermag. Das hat mich gerade im Hinblick auf die großen Ereignisse dieser Tage sehr beschäftigt und ich bin längst noch nicht am Ende damit.
Ich war fasziniert und überrascht, welche Ausstrahlung, welches weltweite Interesse, welche kraftvolle Verkündigung des Evangeliums von den Liturgien, den Texten und Bildern im Rahmen von Tod und Trauer um Papst Franziskus, Sedisvakanz und Konklave ausgingen.
Ich dachte bei jedem Schritt durch diese wenigen Wochen: Wow! „Es“ funktioniert und strahlt dabei so viel Kraft und Schönheit aus… Und natürlich bin ich über das Ergebnis der Papstwahl sehr glücklich!
Zugleich war ich erschrocken über die Vorgänge rund um die Kanzlerwahl: Was für ein Armutszeugnis für unsere Demokratie! „Es“ funktioniert zunächst gar nicht und dann nur so gerade eben. Ich möchte da nicht missverstanden werden: Ich halte die Demokratie und den Rechtsstaat für das unverzichtbare Fundament unserer Gesellschaft. Aber es hat sich daran einmal mehr gezeigt, wie sehr sich unsere vertraute Welt in der Krise befindet …
Vor diesem bewegten „Horizont“ hatten wir wenig Bedürfnis nach weiterer Abwechslung und waren dankbar für mehr Ruhe und Zeit für eine jede Einzelne – und für das großartige Frühlingswetter 😊