30.000 junge Christen aus Europa kommen in Berlin zusammen

Taizé an der Spree

Mit der Ankunft von rund 1500 freiwilligen Helfer in Berlin sind die Vorbereitungen für das Taizé-Treffen in die heiße Phase eingetreten. Bis Mittwoch wollen 30.000 Jugendliche zum Beten und Singen anrücken. Die ökumenische Gemeinschaft aus dem französischen Taizé lädt zu ihrem 34. Europäischen Jugendtreffen. domradio.de überträgt vom 28. bis 31.12. das Abendgebet aus der Messehalle ab 19 Uhr.

 (DR)

Tausende Berliner haben warmen Schlafplatz zugesagt

Nach dem Evangelischen Kirchentag im Juni in Dresden und dem Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. ist es das dritte kirchliche Großereignis in diesem Jahr. Rund 30.000 Jugendliche werden erwartet, zwei Drittel von ihnen aus dem Ausland. Allein 6.000 kommen aus Polen, jeweils 2.000 aus Frankreich, Italien, Kroatien und der Ukraine. Zu Gast sind sie in über 160 Kirchengemeinden in und um die Bundeshauptstadt. Tausende Familien haben einen warmen Platz für Schlafsack und Isomatte zugesagt, wer nicht privat unterkommt, kann in Gemeindehäusern oder Turnhallen übernachten.



Die Strahlkraft von "Taizé" erweist sich als ungebrochen. Seit Jahrzehnten ist der Ort in Burgund ein Symbol der ökumenischen Bewegung. Er ist Sitz der von Frère Roger Schutz (1915-2005) gegründeten Gemeinschaft, die zum Treffpunkt für Jugendliche aus der ganzen Welt wurde. Ihr gehören rund 100 Männer aus mehr als 25 Ländern an, die aus verschiedenen evangelischen und der katholischen Kirche stammen. Seit 1978 veranstalten sie jedes Jahr über Silvester ein Jugendtreffen in einer europäischen Großstadt, im vergangenen Jahr fand es in Rotterdam statt.



1986: Taizé in Berlin ohne Westbeteiligung

An der Spree ist "Taizé" nicht zum ersten Mal. 1986 versammelten sich 6.000 Jugendliche mit Frère Roger ein ganzes Wochenende in Ost-Berlin. Die DDR-Behörden erlaubten dies aber nur unter der Auflage, dass niemand aus dem Westen teilnimmt. So kommt es nun zum ersten wirklich europaweiten Taizé-Treffen in der Metropole.



An den fünf Vormittagen treffen die Teilnehmer in den Kirchengemeinden mit Berliner und Brandenburger Christen zusammen. Abends versammeln sie sich zu den Taizé-typischen Gebeten und Gesängen in vier Messehallen, die eigens mit orangefarbenen Tüchern dekoriert werden. "Wir wollen die Hallen mit Chor und Orchester zu einer großen Kathedrale machen", verspricht Frère Richard vom Vorbereitungsteam. Auf dem Programm stehen zudem Begegnungen mit Vertretern von Judentum und Islam sowie im Bundestag mit Politikern wie Wolfgang Thierse (SPD), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Petra Pau (Die Linke). Mit ihnen diskutieren Jugendliche über Schritte zu einer gerechteren Welt.



"Auf dem Weg zu einer neuen Solidarität" will auch der Leiter der Taizé-Gemeinschaft, Frère Alois, Mut machen. Das Treffen soll dazu beitragen, "dass wir uns nicht erdrücken lassen von den aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Problemen", erklärt er. Jeden Abend wird Frère Alois in den Messehallen zu den Teilnehmern sprechen und das Motto des Treffens "Wege des Vertrauens" erläutern. Seine Worte werden in 18 Sprachen übersetzt.



Aufruf zum Teilen

In seinem Jahresbrief hat Frère Alois unter anderem bereits zum Teilen gemahnt. "Das ist ein dringendes Anliegen, das die Glaubenden verschiedener Religion vereinen kann, und auch die Glaubenden mit den Nichtglaubenden", betont er in dem programmatischen Schreiben. Mit einer großen Sammelaktion von Medikamenten und medizinischen Geräten für Nordkorea will die Gemeinschaft beim Europatreffen Solidarität auch praktisch unter Beweis stellen.



Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki sieht in dem Europatreffen zudem eine "klare Absage" an "deutschtümelndes und anderes nationalistisches Gedankengut", wie er in Anspielung auf die Debatte über die neonazistischen Terrormorde betont. Und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wünscht sich: "Von Berlin soll mit dem Jugendtreffen ein weiteres Zeichen des Friedens und der Völkerverständigung ausgehen."



Viele der bis zu 30.000 Dauerteilnehmer kämen aus einem säkularen Umfeld. "Sie können hier in eine Atmosphäre eintauchen mit vielen anderen, die in einer ähnlichen Situation sind wie sie selbst", unterstrich der Erzbischof. Zu sehen, dass sie mit ihrer eigenen Glaubenssituation nicht allein sind, werde die jungen Teilnehmer in ihrem Glauben stärken, zeigte sich Woelki überzeugt. Auch könnten die jungen Frauen und Männer voneinander lernen, wie man seinen Glauben in einem säkularen Umfeld lebt.