30 Jahre "Tatort"-Hauptkommissar Horst Schimanski

Der umstrittene "Bulle" aus dem Revier

Der Mann redet Klartext - und das seit 30 Jahren. "Du Idiot, hör auf mit der Scheiße!" war der erste Satz, den Hauptkommissar Horst Schimanski in seinem Fernsehdebüt am 28. Juni 1981 sagte. Mit dem "Tatort: Duisburg-Ruhrort" begann damals ein neues Kapitel deutscher Fernsehgeschichte. Und es begann mit viel Aufregung.

Autor/in:
Markus Peters
 (DR)

Noch während der Ausstrahlung der Sendung erhielt der WDR Hunderte Anrufe empörter Duisburger, die sich über die Darstellung ihrer Stadt beschwerten. Der raue "Bulle" mit dem großen Herzen für Verlierer polarisierte: "Der Ruhrpott kocht: Sind wir alle Mörder oder Trinker?" fragte die "Bild am Sonntag", während die "Neue Ruhr Zeitung" forderte: "Werft den Prügel-Kommissar aus dem Programm!" Später wurden akribisch Strichlisten geführt, wie oft Schimanski das schlimme "Sch..."-Wort verwendet.



"Mich hat immer das Neutrale der Kommissar-Figuren genervt, die in ihrem Trenchcoat herumliefen. Die zwar immer traurig geguckt haben, aber dann doch nicht in den Fall involviert waren", erzählte Regisseur Hajo Gies, einen der Erfinder der Figur, in einem Interview. Deshalb seien alle Schimanski-Krimis ausschließlich aus der Perspektive des Kommissars erzählt. Das private Verhältnis Schimanskis zum Fall sei dabei wichtiger als der Fall selber.



29 Schimanski-"Tatort"-Folgen wurden bis 1991 ausgestrahlt, zwei davon ("Zahn um Zahn" und "Zabou") waren auch im Kino zu sehen. Einige Episoden davon, wie "Kuscheltiere" oder "Das Mädchen auf der Treppe" zählen wohl mit zum Besten, was das deutsche Fernsehen in den 1980er Jahren produziert hat. Als die Drehbücher flacher wurden, schwebte Schimanski Ende 1991 mit einem Drachengleiter davon - um knapp sechs Jahre später als eigenständige Reihe außerhalb des "Tatort" zurück zu kehren.



Duisburger waren erbost über das Bild ihrer Stadt

Fans denken heute noch mit Wehmut zurück, wie kongenial der Bauchmensch mit der unbeschreiblichen Tarnjacke mit seinen Gegenpol Christian Thanner - gespielt von dem 1994 gestorbenen Eberhard Feik - harmonierte. Heute ist noch Chiem van Houweninge als "Hänschen" von der Stammbesetzung der frühen Folgen dabei.



Auch die Duisburger haben inzwischen ihren Frieden mit dem Rüpelkommissar gemacht. "Als vielleicht letzte Filmfigur durchlebte Schimanski/George vor Ort das Ende der ehemaligen Industriestadt, mit ihren Schloten, Kränen und heruntergekommenen Ecken", heißt es auf der Homepage der Stadt. Allerdings wird auch die "breite Empörung über die Darstellung des verzerrten Stadt-Images" nicht verschwiegen.



Insbesondere die 1999 gezeigte Folge "Rattennest", eine Geschichte um Junkies und Prostitution, entzürnte die Stadtoberen so sehr, dass daraus fast eine Provinzposse wurde. "Wir sind doch nicht der Arsch der Nation", polterte seinerzeit Bürgermeister Heinz Pletziger. Auch die SPD-Fraktion sprach von einem "schlimmen Film". Andererseits schlug die Duisburger Juso-Hochschulgruppe 1992 vor, die damals noch namenlose Gesamthochschule der Stadt nach Horst Schimanski zu benennen.



Der bislang letzte Schimanski "Schuld und Sühne" wurde Ende Januar von 9,2 Millionen Zuschauern gesehen. Aktuell sei keine neue Folge in Planung, sagte eine WDR-Sprecherin auf dapd-Anfrage. Das bedeute aber keineswegs das Ende der Reihe: "Die Schimanski-Filme werden ja sowieso eher unregelmäßig produziert." Der WDR will aber auch einen völlig neuen Ruhrgebiets-Tatort an den Start bringen.



Und damit könnte es eng werden für "Schimmi", zumal der 72-jährige Hauptdarsteller Götz George inzwischen längst das Rentenalter erreicht hat.