18 Frauen erklären, warum sie in der Kirche bleiben

"Katholisch - aber nicht naiv"

Mehr Menschen denn je treten aus der Kirche aus. Auch viele engagierte Katholiken haben ihr schon den Rücken gekehrt - aber längst nicht alle: In einem neuen Buch erklären katholische Frauen, warum sie trotz allem bleiben.

Eine Pastoralreferentin in einem Gottesdienst / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Pastoralreferentin in einem Gottesdienst / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Welchen Tenor haben die Texte in Ihrem Buch?

Elisabeth Zoll (Herausgeberin des Buches "Wir bleiben!: Warum sich Frauen nicht aus der katholischen Kirche vertreiben lassen"): Das Buch ist angelegt als paradoxe Intervention. In einer Zeit, in der Austreten so nahe liegt, auch Mode geworden ist, ist es natürlich eine Herausforderung, über alternative Wege zu schreiben. Auch die Autorinnen sind natürlich voller Ärger und Zorn über das Versagen von Generationen von Bischöfen. Doch sie haben einen anderen Grundtenor. Sie sagen: Wir sind katholisch, wir bleiben katholisch. Wir sind aber nicht naiv. Wir sind aber auch nicht folgsam und wir werden es nicht zulassen, dass ältere Männer in einer Art Männerregiment die Kirche vor die Wand fahren.

Elisabeth Zoll / © Lars Schwerdtfeger (privat)
Elisabeth Zoll / © Lars Schwerdtfeger ( privat )

DOMRADIO.DE: Sie haben die Positionen der Frauen zusammengetragen. Wieso bleiben die Frauen denn in der katholischen Kirche?

Zoll: Den Frauen im Buch geht es um eine echte, gelebte Geschwisterlichkeit. Und dafür setzen sie sich ein. Dafür machen sie sich auch stark im Buch.

Elisabeth Zoll (Herausgeberin des Buches "Wir bleiben!: Warum sich Frauen nicht aus der katholischen Kirche vertreiben lassen")

"Was allen Frauen wichtig ist, ist, dass sie auf Augenhöhe ernst genommen werden."

DOMRADIO.DE: Welche Themen sind den Frauen sonst noch wichtig?

Zoll: Natürlich dringen alle Frauen auf Reformen. Und je nachdem, ob sie jünger oder älter sind, ist natürlich die Ungeduld größer oder kleiner. Aber sie wollen in der Kirche bleiben, um sie von innen heraus zu verändern. Das, würde ich sagen, verbindet alle Frauen. Sie sind natürlich unterschiedlich geprägt, das ist klar. Aber es verbindet sie, dass sie Christentum als etwas Schönes, etwas Stärkendes erfahren haben. Das wollen sie sich nicht nehmen lassen.

DOMRADIO.DE: Wenn wir darüber sprechen, dass sie sich nicht vertreiben lassen, dann klingt es ein bisschen danach, als würde jemand versuchen, diese Frauen zu vertreiben. Haben Sie den Eindruck, die Autorinnen fühlen sich gedrängt oder dahin bewegt, die Kirche zu verlassen?

Zoll: Das ist eine andere Form von vertreiben. Das Vertreiben kommt durch eine sie nicht achtende Kirchenhierarchie. Diese Hierarchie fängt bei Papst Franziskus an und endet bei jenen deutschen Bischöfen, die sich Diakoninnen, um nur ein Beispiel zu nennen, in den Weg stellen. Die Autorinnen sind es leid, überall dort, wo Entscheidungen getroffen werden, zum Zuhören und zum Folgen verdammt zu sein. Das ist das, was sie natürlich auch angreift, mürbe macht. Aber dem wollen sie nicht das letzte Wort überlassen.

Elisabeth Zoll (Herausgeberin des Buches "Wir bleiben!: Warum sich Frauen nicht aus der katholischen Kirche vertreiben lassen")

"Das Vertreiben kommt durch eine sie nicht achtende Kirchenhierarchie."

DOMRADIO.DE: Und für alle, denen es genauso geht, die überlegen, ob sie noch in der Kirche bleiben möchten: Was können die als positiven Impuls aus diesem Buch mitnehmen?

Zoll: Kraft, Ermutigung und Freude über das, was couragiertes christliches Engagement von den Frauen, die mitgeschrieben haben, bedeutet. Ich denke, die Frauen können in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit Vorbilder sein. Sie können auch Leuchttürme sein. Oder auch Signale, zum Beispiel die Dichterin Nora Gomringer oder auch Christel Neudeck, die ja mit ihrem Mann Rupert Neudeck ein Stück Welt verändert hat. Aber auch Ursula Kalb von Sant'Egidio. Es sind so viele ermutigende Beispiele auf ganz unterschiedlichen Feldern in diesem Buch formuliert. Alle Frauen, alle Autorinnen setzen sich für ein lebendiges, offenes Christentum ein. Und ich glaube, das ist eine Botschaft, die hat dieser in dieser Phase von Depression ihren Platz und ihre Bedeutung.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR