100 Jahre Gebetswoche für Einheit der Christen - Bischof Wanke im domradio-Interview

Betet ohne Unterlass

Unter dem Motto "Betet ohne Unterlass" wird heute mit einem ökumenischen Gottesdienst die Gebetswoche 2008 eröffnet. Im domradio-Interview verweist der katholische Erfurter Bischof Joachim Wanke auf die Fortschritte im ökumenischen Dialog der Kirchen. "Es gibt mehr Gründe für Dankbarkeit und Zuversicht als für Klagen und Pessimismus."

 (DR)

Die Ursprünge der Gebetswoche liegen in England. In der 1857 gebildeten "Association for the promotion of the unity of Christendom" (Vereinigung zur Förderung der Einheit der Christenheit) hatten sich Anglikaner, Katholiken und orthodoxe Christen zusammengefunden, die eine Wiedervereinigung anstrebten.

Vor 100 Jahren wurde auf Anregung des anglikanischen Pfarrers Paul Wattson 1908 in Graymor im US-Bundesstaat New York eine erste Gebetsoktav für die Einheit der Christen veranstaltet. Wattson war auch Begründer der späteren katholischen Ordensgemeinschaft der Society of the Atonement (Gesellschaft der Sühne). Die Gebetsinitiative breitete sich vornehmlich in der katholischen Kirche aus und gilt neben Initiativen aus dem Bereich der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung (Faith and Order) als eine der Wurzeln der heutigen ökumenischen Bewegung.

Seit 40 Jahren werden die jährlichen Themen und Texte von einer gemeinsamen internationalen Arbeitsgruppe von Vertretern des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) erarbeitet. Erstmals erschienen 1968 die gemeinsamen Texte. Die Gebetswoche wird von den Kirchen auf der Nordhalbkugel jeweils im Januar veranstaltet. Im Süden feiern die Kirchen die Gebetswoche zumeist in zeitlicher Nähe zum Pfingstfest.

In Deutschland wird die Gebetswoche von der 1948 gegründeten Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) getragen. Dem Dachverband, der 2008 an seine Gründung vor 60 Jahren erinnert, gehören zur Zeit 16 christliche Kirchen und Gemeinschaften als Vollmitglieder an. Beginn der Gebetswoche ist dabei ein katholischer Festtag zur Erinnerung an Petrus. Obwohl der Termin seit einer Liturgiereform auf den 22. Januar fällt, wurde der traditionelle Auftakttermin 18. Januar beibehalten. Der letzte Tag ist die Feier zur Bekehrung des Paulus.

Anfang Januar findet ebenfalls seit mehr als 150 Jahren die traditionelle Gebetswoche statt, die von der weltweiten Bewegung der Evangelischen Allianz getragen wird. Der missionarische Dachverband wurde 1846 gegründet. Die Gebetswoche findet in mehr als 40 Ländern in Europa und auf anderen Kontinenten statt. Daran beteiligen sich vier bis fünf Millionen Christen. Allein in Deutschland nahmen rund 350.000 Christen aus unterschiedlichen Kirchen teil. In diesem Jahr lautete das Motto der Allianz-Gebetswoche "Weil ER lebt".

Der Erfurter Bischof Joachim Wanke sieht die ökumenische Gegenwart positiv
Der katholische Erfurter Bischof Joachim Wanke sieht angesichts der bisher gemachten Fortschritte im ökumenischen Dialog der Kirchen mehr Gründe für Dankbarkeit und Zuversicht als für Klagen und Pessimismus.

Natürlich brauche es in der Ökumene einen langen Atem, sagte Wanke, der von 1995 bis 2001 ACK-Vorsitzender war. "Doch wenn Schwierigkeiten auftreten, liegt es nicht daran, dass wir hinter Erreichtes zurückgehen. Im Gegenteil: Wir müssen neue Herausforderungen meistern, weil es vorwärts gehen soll", erklärte der Bischof mit Blick auf aktuelle Fragen wie die nach dem Kirchen- und Amtsverständnis.

Nicht jedes theologische Problem sei leicht und schnell zu lösen. "Aber wenn jede Kirche aus dem Geist der Charta Oecumenica heraus die Standpunkte der anderen zur Kenntnis nimmt und bedenkt, gibt es immer Grund zur Hoffnung, sich anzunähern." Nur so werde ein gemeinsames Handeln aus dem je eigenen Selbstverständnis möglich, unterstrich der Erfurter Bischof.

Wanke betonte die Bedeutung der geistlichen Ökumene. "Auch wenn es viele Streitpunkte gibt - wir können uns immer im Gebet vereinen und so die Einheit der Christen voranbringen."