1. Januar

BWV 171: „Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm“

„Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm“: So hat Johann Sebastian Bach seine heutige Kantate für den Neujahrstag überschrieben. Vermutlich zum 1. Januar 1729 komponiert, stammt der Text von Christian Friedrich Henrici, besser bekannt unter dem Namen Picander. Und der hält sich ganz eng an das Neujahrsevangelium von der Namensgebung.

 (DR)

 

So hören wir heute in den Gottesdiensten die Textstelle aus dem Evangelium nach Lukas, wo es heißt: „Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoß seiner Mutter empfangen wurde“. Picander ist bestrebt, in seiner Auslegung die Bedeutsamkeit des Jesusnamens für die Christenheit aufzuzeigen. Dies geschieht zu Beginn durch den Psalm 48:

Alle Welt kennt und rühmt den Namen Gottes. Ganz feierlich ist dieser erste Satz gestaltet: Die Trompeten sind selbständig geführt, die 1. Trompete hat sogar ein eigenes Thema. Wenn Ihnen diese Klänge sehr bekannt vorkommen, müssen Sie sie nicht unbedingt aus dieser Kantate her kennen. Vielleicht sind Sie Ihnen auch aus der berühmten h-moll- Messe im Ohr, denn Bach hat diese Musik etwa fünfzehn Jahre später in umgearbeiteter Form auf die Worte „Patrem omnipotentem, factorem coeli et terram visibilium et invisibilium“ in das Symbolum Nicenum seiner  h-moll Messe übernommen: Auch hier der Gedanke an die weltumspannende Allmacht Gottes. Doch zurück zur Kantate. Die dem Eingangssatz folgende Arie nimmt denselben Gedanken auf: „Herr, so weit die Wolken gehen, gehet deines Namens Ruhm.“

Das folgende Rezitativ schlägt jetzt persönlichere Töne an. Jesus wird direkt angesprochen. Sein Name, in Verfolgung und Not angerufen, ist Trost und Schutz und - wie es im Text heißt, „mein Geschenk zum neuen Jahr“. Der Bezug zum heutigen 1. Januar.

Wie aber Jesu Name zu Beginn dieses Jahres mein erstes Wort ist, so sagt die nächste Arie, so soll er auch in der Sterbestunde mein letztes Wort sein. In dieser Arie ist das virtuose Element stark ausgeprägt. Kunstvolle Figuren der Geigen rufen zum Lob des Jesunamens aus. Die beiden folgenden Sätze haben Gebetscharakter: Im Rezitativ, dem fünften Satz, wird Gott gebeten, seine Gemeinde auch im kommenden Jahr zu beschützen. Der Text lehnt sich an das 14. Kapitel des Johannesevangeliums an, wo es heißt: „Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun“.

Gleiche Gedanken enthält der Schlusschoral, die 2. Strophe des Liedes „Jesu, nun sei gepreiset“ von Johannes Herman, einem Textdichter des 16. Jahrhunderts. Und im Schlusschoral vereinigen sich nun alle Instrumente: Oboen und Streicher verstärken den Chor, Trompeten und Pauken haben eigene Zwischenspiele.

BWV 171: Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm.
Tölzer Knabenchor und Concentus Musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.

Quelle: Alfred Dürr, Die Kantaten Johann Sebastian Bachs, Bärenreiter 1995