06.Januar: Epiphanias

BWV 65: Sie werden aus Saba alle kommen

Die Kantate, die Johann Sebastian Bach für den heutigen Dreikönigstag, das Fest Epiphanie, geschrieben hat, bringt den musikalischen Glanz des Weihnachtsfestes noch einmal voll zum Strahlen. Und zu Zeiten Bachs lag der 6. Januar ja auch noch mitten drin in der Weihnachtszeit. Bis zum Fest der Darstellung des Herrn, Maria Lichtmess, am 2. Februar, dauerte der weihnachtliche Festkreis. Erst durch die Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils wurde das ja geändert und so endet heute die Weihnachtszeit bereits mit dem kommenden Sonntag, dem Fest der Taufe des Herrn. Und das Fest der Erscheinung des Herrn rückt damit so etwas an den Rande der Weihnachtszeit.

 (DR)

 

Sie werden aus Saba alle kommen: So die Überschrift der heutigen Kantate und damit unüberhörbar: Der Textdichter lehnt sich ganz eng an die Schrifttexte des heutigen Festes an. Der Eingangschor nimmt das Ende der neutestamentlichen Lesung aus dem Buch Jesaja auf, wo es heißt:  „Alle kommen von Saba, bringen Weihrauch und Gold und verkünden die ruhmreichen Taten des Herrn.“

Der folgende zweite Satz wiederholt nun den Inhalt der Evangelienlesung und lässt gleichzeitig die alttestamentliche Prophezeihung der Epistel als erfüllt erscheinen. Die Könige kommen aus Saba und bringen Gold, Weihrauch und Myrrhen, wie es Jesaja vorhergesehen hat. Der zweite Satz ist die 4. Strophe des Hymnus „Puer natus in Bethlehem“, ein schlichter Chorsatz für Chor und Instrumente:

Das nachfolgende Rezitativ, der dritte Satz, greift nochmal auf die Prophezeihung des Jesaja zurück, spricht dann aber auch im zweiten Teil deutlich von der Pflicht, die sich daraus für jeden Christen ergibt: Konkret: Auch ich habe die Pflicht, mich zur Krippe zu kehren und dem Erlöser mein Herz als Geschenk darzubringen.

Der Gedanke des Rezitativs, die Pflicht des Christen, wird jetzt im vierten Satz, der Bassarie konkretisiert: „Gold aus Ophir ist zu schlecht“, heißt es im Text. Ophier, das Land, aus dem Salomo einst 420 Zentner Gold bringen ließ. Das reicht aber nicht aus, die Christen mögen vielmehr ihr Herz dem Heiland zum neuen Jahr schenken.

Besonders auffällig in dieser Arie ist zum einen die Besetzung mit 2 Oboen, zum anderen die Stetigkeit, mit der das Anfangsmotiv wiederholt wird. Immer und immer wieder wiederholen so die Instrumente die Aussage: „Gold aus Ophir ist zu schlecht“.

Der nachfolgende Rezitativtext bringt jetzt die Erfüllung dieser Aufforderung: Der Glaube ist das Gold, das Gebet der Weihrauch, die Geduld die Myrrhen, die Jesus als Geschenk erhält. Und wieder folgt dem Rezitativ die Aufforderung der Arie: „Nimm mich dir zu eigen hin“. Ein freudiges Bekenntnis, fast tänzerisch hat Bach diese Aussagen vertont.

Der Schlusschoral steht als Sinnbild dafür, dass die gesamte Christenheit in diesem Wunsche, dass Christus die Christen zu eigen nehmen möge, eins ist. Die Melodie ist uns bekannt durch das Lied: „Was mein Gott will, das g´scheh allzeit“.

Johann Sebastian Bach hat diese Kantate in seinem ersten Leipziger Amtsjahr komponiert und erstmals am 6 Januar 1724 aufgeführt. Wie gesagt: Noch einmal lässt Bach die Pracht des weihnachtlichen Festorchesters erstehen und entwirft ein eindrucksvolles Bild der herbeiströmenden Heidenscharen. Musikalisch gelingt ihm das durch die Form des Kanons und der Fuge: So wie aus einer Stimme nach und nach vier und mehr Stimmen werden, so hören nach und nach mehr und mehr Menschen die Botschaft von der Geburt des Herrn.

 

BWV 65: Sie werden aus Saba alle kommen.

Tölzer Knabenchor und Concentus musicus Wien, Leitung Nikolaus Harnoncourt.

Quelle: Alfred Dürr, Die Kantaten Johann Sebastian Bachs, Bärenreiter 1995.