Über Personenkult und Berichterstattung

Benedikt XVI. wünscht uns gute Besserung?

Berichten oder nicht, über den Gesundheitszustand des emeritierten Papstes? Eine große Frage für DOMRADIO.DE-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen, der gleichzeitig gegen Personenkult appelliert.

 (DR)

Joseph Ratzinger ist 93 Jahre alt. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist nach dem Besuch bei seinem inzwischen verstorbenen Bruder an einer Gesichtsrose erkrankt. Nach Angaben seines Sekretärs, Erzbischof Gänswein, befindet er sich inzwischen auf dem Weg der Besserung. Das sind die bekannten Fakten.

Fakt ist auch, dass alle Meldungen über den Papa Emeritus in den Medien viel Beachtung finden. Mit Bildern und Aussagen von ihm kann man Quote machen. Auch unser DOMRADIO.DE spürt das, wenn selbst noch so kleine Benedikt-Meldungen die Reichweite in die Höhe treiben.

Als verantwortlicher Chefredakteur bin ich hier hin- und hergerissen. Es gibt ein großes Interesse der Öffentlichkeit – gerade der treuen Benedikt-Fans. Bei seinem vielbeachteten Rücktritt als Papst hatte er sich aber gewünscht, seiner geliebten Kirche nunmehr nur noch im Verborgenen zu dienen. Das hat in den letzten Jahren mal mehr, mal weniger funktioniert. Was also tun, wenn wieder ein neues Foto oder eine noch so klitzekleine neue Wasserstandsmeldung auftaucht, die den zurückgetretenen Papst betrifft?

Eigentlich wünsche ich mir, dass wir alle sorgsamer beim Schutz der Persönlichkeitssphäre sind. Gerade dann, wenn sich jemand aus der Öffentlichkeit zurückzieht und sein Amt aufgibt. Für uns Katholiken gilt aber noch ein weiterer Grundsatz: Selbst wenn für uns der Papst der Stellvertreter Christi auf Erden ist – wir glauben nicht an den Papst. Wir dürfen gerne an seinen Lippen hängen oder für ihn beten – aber wir sollten wirklich jede Art des Personenkultes konsequent meiden. Ja, wir Menschen brauchen Vorbilder – gerade auch im Glauben. Joseph Ratzinger gilt als einer der ganz großen Theologen – aber er ist bis heute immer auch ein großer „Seel-Sorger“ geblieben. Das sollten wir beherzigen: Sorgen also auch wir für unseren Nächsten. Jedem Alten und Kranken, den wir in unserer Nachbarschaft die Hand halten, aber auch jede Rücksicht auf die Privatsphäre bringt uns dem Himmel näher. Benedikt XVI. wünscht uns hier bestimmt gute Besserung!



Ihr
Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur DOMRADIO.DE