Predigten

Domkapitular Josef Sauerborn am siebten Sonntag der Osterzeit

Domkapitular Josef Sauerborn erinnert in seiner Predigt an den Religionsphilosophen Martin Buber, der "Die Erzählungen der Chassidim". Es handelt sich um eine Textsammlung aus den osteuropäischen jüdischen Ghettos. Er geht auf eine Geschichte des Rabbi Sussjas ein. Dieser sehnte sich nach der echten, großen Gottesfurcht. Sussja sehnte sich danach, wie Engel Gott zu erfahren. Gott gewährte ihm den Wunsch, doch Sussja konnte die Erfahrung nicht ertragen. Stattdessen fürchtet er sich wie ein verängstigtes Tier.

Mensch kann Herrlichkeit Gottes nicht unmittelbar erfahren

Gott gewährt Sussja wiederum den Wunsch, ihn wieder wie ein Mensch zu erfahren und so seine Liebe ertragen zu können. In der Faszination vor Gottes Herrlilchkeit stecke gleichzeitig auch die Furcht, diese nicht ertragen zu können. "Herrlichkeit Gottes kann dem Menschen die Sprache verschlagen, wie ein heftiger Sturm einem den Atem nimmt", so Domkapitular Josef Sauerborn.

Im zweiten Buch Mose bittet Moses Gott dessen Herrlichkeit sehen zu dürfen. Zunächst verweigert Gott dies: "Wer Gott sieht muss sterben", heißt es da. Das ist nicht als Strafe gemeint, sondern weil der Mensch irdisch ist, kann er Gott nicht unmittelbar erfahren, erklärt Domkapitular Josef Sauerborn. Seine unverhüllte Herrlichkeit wäre für den Menschen tödlich. Gott gewährt Mose einen geschützen Blick auf seine Herrlichkeit: "Die Schönheit Gottes zog an ihm vorüber." Moses Anlitz ist von da an erhellt, dass die Menschen seinen Anblick kaum ertragen können. Zum Schutz legt Moses ein Tuch auf sein Haupt, bis das irritierdende Licht vergeht.

Glaube darf nicht mittelmäßig sein

Gott ist herrlich, gewaltig und schön und der Mensch darf dies nach seinem Maß erfahren. Domkapitular Josef Sauerborn fragt, ob die Gottesgleichgültigkeit unserer Tage daher komme, dass unser Glaube zu mittelmäßig sei. "Ist nicht auch der Unglaube die Frucht kleiner und kleinlicher Gedanken von Gott?" Die Apostgeschichte beschreibt wie Stephanus den schönen und gewaltigen Gott sieht. Der Heilige Geist reißt dem Stephanus den Himmel auf und den Blick auf die Schönheit und Herrlichkeit Gottes freilegt. Inmitten der Herrlichkeit sieht er Jesus stehen. Jesus Christus ist die Herrlichkeit Gottes. In ihm wird sie offenbar. Auch am Kreuz. Doch dort würde niemand sie suchen. "Was ist denn da herrlich?", fragt Domkapitular Josef Sauerborn.

Jesus spricht aber davon, dass der Vater Christus am Kreuz verherrlicht. "Es ist die Herrlichkeit der Liebe." Eine solche Liebe, wie sie am Kreuz offenbar wird, lebt in Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Das ist der innere Kern der Herrlichkeit Gottes - "eine Liebe, die alles Menschenmaß übersteigt." Am Kreuz, wo keine Herrlichkeit ist, ist die Herrlichkeit am größten. Im Sakrament handelt der herrliche und schöne Gott.

Zu klein und zu mittelmäßig darf man nicht vom lebendigen Gott denken, an ihn glauben. "Auch uns täte Not ein wenig von der Erfahrung des Rabbi Sussja."

Themen